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Grinch

© vox

Weihnachten im TV: Wenn schon fernsehen, dann richtig

Mit unserem Leitfaden finden die Zuschauer für jede Stimmung die passende Sendung. Als Special für junge Eltern gibt es die besten Morgenkinderfilme – als Beschäftigung für die Kinder, für Sie zum Weiterschlafen.

Weihnachten verläuft unterschiedlich: Das Fest kann zum Piepen sein, zum Mitsingen animieren, in seltenen Fällen sogar zum Entspannen. Leider wird es – Stichwort falsche Geschenke – auch schnell mal zum Heulen. Dann will man erst mal nichts mehr von Weihnachten wissen und braucht dringend was zum Abschalten.

ZUM ENTSPANNEN

Heiligabend geht zügig auf den nächsten Morgen zu – und keine Lust mehr auf Schneeflöckchen, Weißröckchen, wo es draußen doch sowieso nur nieselt? Völlig zur Ruhe kommen Sie mit zehn Minuten „Führerstands-Mitfahrt“: Vergessen sei der Lokführerstreik, ganz ohne Mehdorn und Schell nimmt das Erste das Publikum mit im Zug von Athen nach Thessaloniki (25.12., ARD, 5 Uhr 20). Puh, die Geschenke sind verteilt, Heiligabend ist für dieses Jahr geschafft, schlafen Sie schön.

Für die „Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten“ (25.12., ARD, 20 Uhr 10) werden sogar der heiligen Kuh „Tagesschau“ fünf Minuten abgeknapst. Also lehnen wir, „Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger“, uns doch im Sessel zurück, wenn der in Ludwigsburg aufgewachsene Horst Köhler, auch im Namen seiner Frau (immerhin ein schwäbischer Politiker, der seine Frau noch hat!), uns frohe und gesegnete Weihnachten wünscht. Das ganze Jahr über repräsentiert er die Deutschen, jetzt haben wir das Staatsoberhaupt einmal fünf Minuten nur für uns.

Der perfekte Soundtrack zu einem harmonischen Genuss der Weihnachtsgans am Tag nach der Bescherung: das wunderschöne „Klarinettenkonzert in A-Dur“ (25.12., 3sat, 13 Uhr 25), Wolfgang Amadeus Mozart schrieb es in seinem Todesjahr 1791. Der schwedische Klarinettist Martin Fröst wird begleitet vom Rundfunk-Symphonie-Orchester Saarbrücken. Zum Dessert spielt Fröst eine „Improvisation für Benny Goodman“ und das „Ave Maria“ von Bach/Gounod.

ZUM HEULEN

Es gibt nicht viele, die diese Jahrhundert-Schmonzette noch nicht gesehen haben. „Titanic“ (26.12., Pro 7, 20 Uhr 15) gilt neben Pfefferspray als das Mittel zur Tränenförderung. Legen Sie Taschentücher bereit: Der Riesenkutter und mit ihm Leonardo di Caprio alias Jack versinken in den Tiefen des Atlantiks, die Zuschauer im Tränenmeer. Kollektives Katharsiserlebnis, gereinigt kehren wir aus den Weihnachtsfeiertagen ins wahre Leben zurück.

ZUM WEITERSCHLAFEN

Ach, wie gut, dass jeder weiß, dass Katharina Thalbach ein prima Rumpelstilzchen abgibt. In Österreich ist der Film Anfang Dezember in die Kinos gekommen, bei uns zeigt das ZDF „Rumpelstilzchen“ an Heiligabend um 9 Uhr 15. Der österreichische Regisseur Andi Niessner hat das Märchen 2006 im schönen Salzburger Land verfilmt, und damit dem Kitsch bei all der Schönheit ein wenig Einhalt geboten wird, haben sich die Österreicher eben die echte Preußin Thalbach geholt.

Die grauen Männer rauchen aus grauen Zigarren grauen Rauch und schwatzen den Leuten ihre Zeit ab – mit dem Versprechen, diese in einer Zeitsparkasse zu deponieren. Genau wie die eigenen Kinder an diesem Morgen will uns „Momo“ (25.12., Kabel 1, 6 Uhr 40) wachrütteln: Lasst euch die Zeit nicht stehlen! Über dieses Thema lässt es sich an den Feiertagen prima nachdenken. Aber später, Kinder. Lasst uns erst mal ausschlafen.

Warum nur kommen die schönsten Kinderfilme aus Tschechien? „Frau Holle“ (26.12., ZDF, 8 Uhr 55) ist so ein Fall: Der Film ist eine sehr freie Variation des Märchens über Frau Holle, die nicht nur Wetter und Jahreszeiten, sondern auch die Geschicke geliebter Menschen lenkt und für höhere Gerechtigkeit sorgt. In dieser deutsch-tschechisch-österreichischen Version von 1984 nimmt sie keine unglückliche Stieftochter bei sich auf, sondern führt das Waisenkind Jakob in die hohe Kunst des Wettermachens ein. Aber so wie das Enkelkind – auch wenn’s für ein paar Tage ganz nett ist – nicht ewig bei der Großmutter zu Besuch sein will, will auch Jakob irgendwann wieder auf die Erde zurück. Der Grund: Liebe natürlich!

ZUM PIEPEN

Loriots „Weihnachten bei Hoppenstedts“ (Heiligabend, ARD, 22 Uhr 15) wird immer mehr zum „Dinner for One“ für den Weihnachtsabend. Und gerade in diesem Jahr, in dem Evelyn Hamann von uns gegangen ist, muss es einfach sein: Hamann als Frau Hoppenstedt interessiert sich brennend für den Einhandsaugblaser „Heinzelmann“. Opa Hoppenstedt hingegen ist mit dem Spielzeugatomkraftwerk des Enkels beschäftigt. Alles geht in diesen 25 Minuten Weihnachten in die Hose. Gut, wenn man drüber lachen kann.

Al Capone entdeckt Freud, das ist die Konstellation von „Reine Nervensache“ (26.12., Vox, 18 Uhr 30). Robert de Niro als Gangsterboss Paul Vitti leidet plötzlich unter Schlafstörungen, Panikattacken und Erektionsproblemen. Besonders Letzteres verkraftet er nicht, und so konsultiert er den Psychoanalytiker Ben Sobel. Der diagnostiziert natürlich einen Ödipuskomplex, aber offenbar hat auch Sobel selbst einen. Zweiter Feiertag, zu Besuch bei den Eltern, unbewältigte Konflikte mit dem Vater? Dieser Film wird Ihnen helfen, darüber zu sprechen.

Als Absch(l)uss der Weihnachtszeit bietet sich für Freunde politisch unkorrekten Humors die Southpark-Folge „Mr. Hankey, der Weihnachtskot“ (27.12., MTV, 0 Uhr 30) an. Die Bürger von South Park wollen Weihnachten feiern, ohne dabei die Gefühle Andersgläubiger zu verletzen. In ihrem Wahn reinigen sie Weihnachten so gründlich von aller Symbolik, dass am Ende überhaupt nichts mehr vom Feste übrig ist. Erst Mr. Hankey, der Weihnachtskot, erinnert die Bewohner wieder an die guten Seiten des Weinachtsfestes: ans Liedersingen und Plätzchenbacken. Unsere Kruzifix-Debatte auf Amerikanisch.

ZUM ABSCHALTEN

Dieser Film hat nichts mit Weihnachten zu tun, umso verwunderlicher ist es, dass Sat 1 „Léon – Der Profi“ an Heiligabend um 22 Uhr 10 zeigt. Léon (Jean Reno) ist Auftragskiller, cool, ohne Gefühl und ohne Freund – außer seiner Topfpflanze, weil sie wie er „keine Wurzeln hat“. Dann tritt die kleine Mathilda in sein Leben und bringt Léon Dinge bei, die neu für ihn sind: Lebensfreude, Liebe. Dafür lehrt er sie den Umgang mit Waffen. Der Film war ein Geschenk von Regisseur Luc Besson an Jean Reno. Nun gut, damit hat er dann doch was mit Weihnachten zu tun.

Einen Tag nach Weihnachten: Ein riesiger Meteorit fliegt auf die Erde zu und wird uns alle vernichten! Wer kann uns retten? Natürlich, the one and only Bruce Willis, und zwar in „Armageddon – Das jüngste Gericht“ (25.12., Pro 7, 20 Uhr 15). Bevor Willis die alles entscheidende Atombombe zündet, gibt es eine Menge Krawumm, Liebe und Hass, einen stets angetrunkenen Kosmonauten und viele physikalische Ungereimtheiten, weshalb wir Astrophysikern den Film ausdrücklich nicht empfehlen.

ZUM MITSINGEN

Das schöne schwäbische Städtchen Markgröningen war bislang – in bestimmten Kreisen – für seinen alljährlich im August stattfindenden Schäferlauf bekannt. In diesem Jahr überträgt die ARD die „Evangelische Christvesper“ (Heiligabend, 17 Uhr) aus der dortigen Bartholomäuskirche. Die Weihnachtsgeschichte nach dem Evangelisten Lukas 2007 also mit schwäbischem Akzent, musikalisch unterstützt vom Posaunenchor und der Kantorei der Gemeinde Markgröningen, einem Streicherensemble und der Solistin Maren Jakob.

„Wundervoll, Mutter, wie Du „O du fröhliche“ am Klavier begleitest, aber wollen wir unser Repertoire nicht erweitern?“ So etwa sollten Sie’s verpacken, wenn Sie Heiligabend um 19 Uhr die „World Christmas Songs“ auf Arte sehen wollen. Die Sopranistin Julia Migenes singt mit Wilfried van den Brande (Bass) die schönsten Weihnachtslieder der Welt, begleitet von Orchester und Kinderchor. „Mata-Ki-Te-Rangi!“ Na? Ja, auch auf den Osterinseln feiert man Weihnachten.

– Zusammengestellt von Moritz Gathmann

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