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Nicht spurlos. Kritiker befürchten Einschnitte im N-24-Programm, hier aus dem Newsroom mit den Moderatoren Christina von Ungern-Sternberg und Thomas Spahn. Foto: dpa

© picture-alliance/ dpa

Wenig Geld, viel News?: News vom Discounter

Nach dem Verkauf: Welche Art Nachrichtenjournalismus kann N 24 leisten? Auch Jürgen Doetz, Berater des unterlegenen Kaufinteressenten Dmitri Lesnewski, meldet sich zu Wort

Der Nachrichtensender N 24 lebt weiter, es lebe der Nachrichtensender? Seit Mittwoch steht fest, dass ein Konsortium um N-24-Geschäftsführer Torsten Rossmann und Ex-„Spiegel“-Chef Stefan Aust den Sender von Pro Sieben Sat 1 übernehmen. Es hätte für N 24 schlimmer kommen können, sagen viele. Doch je mehr sich die erste Aufregung legt, desto mehr steht fest: Rosige Zeiten stehen N 24 nicht bevor. Die neuen Eigner des Nachrichtensenders werden mit deutlich weniger Geld auskommen müssen.

Medienhüter warnen, dass die Veranstalter mit erheblichen Budgetkürzungen ihrer publizistischen Verpflichtung im dualen System nicht nachkommen. Dass der angekündigte Sparkurs sich auch auf die journalistische Qualität innerhalb der Gruppe auswirke, liege auf der Hand, sagt Thomas Langheinrich, Vorsitzender der Direktoren der deutschen Landesmedienanstalten (DLM), dem Tagesspiegel. Diese Entwicklung sehen die Medienanstalten mit Besorgnis. „Guter Journalismus ist nun mal kostenintensiv und nicht für Discounterpreise zu haben.“

Gerade erst hatte die DLM über eine Art Selbstverpflichtung der beiden privaten Sendergruppen in Sachen Nachrichtenangebote lauter nachgedacht. „Allerdings sind Torsten Rossmann und Stefan Aust bislang nicht nur als Geschäftsführer und Controller in Erscheinung getreten, sondern auch als ausgewiesene Publizisten.“ Das sei, so Langheinrich, eine gute Basis für weitere Gespräche mit den Landesmedienanstalten. „Ein Gutachten soll sowohl Vorschläge für ein Anreizsystem für die Sender ausloten als auch neue regulatorische Möglichkeiten für mehr publizistische Inhalte liefern.“

N 24 hat gewaltige Einschnitte zu verkraften. Bisher kann der Sender mit jährlich rund 85 Millionen Euro Einnahmen kalkulieren. Nun schrumpft das Budget für die Nachrichtenlieferung von 60 auf 30 Millionen Euro, zugleich sollen die Werbeerlöse bei N 24 gesteigert werden. Mit dem künftigen Etat von etwa 60 Millionen Euro bewegt sich der Sender auf der Nulllinie. 72 Jobs stehen deswegen zur Disposition – fast ein Drittel der ohnehin bereits geschrumpften Belegschaft. Dazu wolle man am „variablen Produktionsbudget“ sparen, wie Rossmann es ganz abstrakt formulierte. Kritiker befürchten, dass zukünftig schnell ausgebildete Videoreporter die journalistische Qualität bei N 24 bestimmen.

Das Verkaufsobjekt N 24 hatte mehr Interessenten angezogen als das Bieterkonsortium um Rossmann und Aust. Dmitri Lesnewski wollte zum Zug kommen. In Russland hat er das Kreml-unabhängige Ren-TV aufgebaut, in Deutschland das Programm Das Vierte erst gekauft, profitabel gemacht und nach kurzem Engagement für über 60 Millionen Euro wieder veräußert. Lesnewski ist nicht nur ein klassischer Investor, er hat aufgrund seiner Vergangenheit als Journalist und Betreiber von Ren-TV einen starken Bezug zum Newsgeschäft.

Sein Interesse an N 24 glaubwürdig zu machen, hatte er Jürgen Doetz als Berater geholt. Doetz ist Präsident des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), rund 25 Jahre hat er als Geschäftsführer von Sat 1 und Vorstand des Fernsehkonzerns ProSiebenSat1 gearbeitet. Dmitri Lesnewski hatte Doetz erstmals im März dieses Jahres angesprochen, Doetz’ weiterer Beratervertrag mit der ProSiebenSat1 Media AG ruht seit April. Auf Nachfrage des Tagesspiegel sagte Doetz, Lesneswki habe sich strikt an die Vorgaben im Bieterverfahren gehalten und sich daher öffentlich nicht zu seinem Angebot geäußert – in dem Wissen, dass dies seine Chancen für einen Kauf nicht verbessere. Das habe es dem einen oder anderen leicht gemacht, das Misstrauen gegenüber einem Investor Lesnewski zu schüren.

Dessen Angebot hat nach Überzeugung von Doetz viele attraktive Komponenten gehabt: Es sollte eine Arbeitsplatzgarantie für alle N-24-Mitarbeiter für die nächsten drei Jahre beinhalten, ein klares Bekenntnis zum Redaktionsstatut, erhebliche Investitionen in zusätzliche Programme bei N 24 sowie den Aufbau einer News-Factory für Dritte. Finanzielle Sicherheiten seien hinterlegt worden. Trotzdem hätten jetzt aber alle Beteiligten die Verkaufsentscheidung zu akzeptieren und zu respektieren. Der „sehr guten N-24-Truppe“ und den neuen Gesellschaftern drückt Doetz die Daumen.

Wäre Dmitri Lesnewski zum Zug gekommen, hätte sein Berater Aussicht auf die finanziell lukrative Funktion eines Geschäftsführers oder eines Generalbevollmächtigten gehabt. „Dies wäre aber vor allem auch inhaltlich eine spannende Herausforderung in Berlin geworden“, sagte Jürgen Doetz. Er werde Dmitri Lesnewski, der sich aus dem deutschen Medienmarkt nicht verabschieden werde, verbunden bleiben.

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