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Medien: Wer hat Angst vor der Globalisierung?

Stefan Aust und Claus Richter zeigen im ZDF den „Wettlauf um die Welt“

Wer wissen will, wie schnell die Welt sich gerade dreht, der sollte heute um 22 Uhr 10 den Fernseher einschalten. „Das Ende der Deutschland AG – Markt ohne Grenzen“ lautet der eindeutige Titel der ersten von drei Folgen „Wettlauf um die Welt“. Die neue ZDF-Doku-Reihe soll, wie der Ko-Autor und „Spiegel“-Chefredakteur Stefan Aust bei der Pressevorführung in Berlin erklärte, „das Tempo der Globalisierung veranschaulichen“. Das ist gelungen.

Und wie. In einer wahren Bilderflut jagt die erste Folge vom Bosch-Siemens-Werk in Berlin-Spandau in den Hamburger Hafen, zur Taufe des Containerriesen „Cosco Germany“, und in unzählige weitere Lagerhallen, Fabriken und Büros. Allesamt Exempel jener einst so ruhmreichen Deutschland AG, beziehungsweise a. D., wie die Filmemacher behaupten. Zu Wort kommen die großen Deuter und Darsteller der Globalisierung; Ökonomen wie Joseph Stiglitz und Manager wie Conti-Chef Manfred Wennemer. Aber auch jene, die sich der neuen Weltunordnung als Arbeitskräfte stellen müssen, werden gezeigt. Allen voran Mischa Richter. Der in der DDR geborene Kapitän der „Cosco“ ist so etwas wie die Leitfigur der ersten Folge. Um Arbeit zu finden, ist er erst in den Westen gezogen und heute weltweit im Einsatz. Das ist ja interessant, denkt man beim Schauen. Doch nach wenigen Sekunden ist der Film schon weitergerast, zum nächsten Spielplatz der globalen Beschleunigung. Die „etwas hektische Erzählweise“ sei beabsichtigt, sagt Aust, und sein Ko-Autor, „Frontal-21“-Chef Claus Richter, nickt. Das Stilmittel als Botschaft. Oder so. „Globalisierung ist Wirklichkeit“, erklärt Aust. „Wer sich ihr in den Weg stellt, zahlt einen hohen Preis.“

Der Preis, den Aust und Richter für ihr irres Tempo, die vielen Spielorte und die endlos lange Rednerliste zahlen, ist ein ziemlich verwirrter Zuschauer. Sicher, der Aufwand, den das Spiegel-TV-Team im Auftrag des ZDF offensichtlich betrieben hat, ist gewaltig. Nur: Was will diese Dokumentation sagen? Und wem?

Geht es darum, junge Zuschauer zu erreichen, ja aufzurütteln, wie ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender in Berlin erklärte? In dem Fall fragt sich, weshalb, zumindest in Teil eins, kein einziger Student oder Azubi zu Wort kommt. Die Filmexperten haben – wie die beiden Autoren – fast alle graue Haare. Das ist nichts Schlimmes, graue Haare. Aber es ist zu wenig, wenn das Ergebnis über eine reine Ist-Beschreibung nicht hinausgeht. Denn für die allermeisten jungen Deutschen ist das, was diese Doku zeigt, keineswegs neu, geschweige denn beängstigend. Im Gegenteil: Billige Fernreisen und Bildungsstationen im Ausland haben die Welt für sie längst flach macht.

Seine Tochter, erzählte Brender, habe ihm verraten, was junge Zuschauer schätzen: „Schnell oder langsam, egal – Hauptsache spannend.“ Vielleicht sollte er sie künftig früher konsultieren. Damit nächstes Mal nicht nur die Grauhaarigen gespannt sind, wie es wohl weitergeht.

„Wettlauf um die Welt“, Start der dreiteiligen Reihe im ZDF um 22 Uhr 10

Marc Felix Serrao

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