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Streicheleinheiten gab’s am Samstag nur für die Hundehaarreste, an denen Wettkandidatin Monika Thaler die jeweiligen Rassen erkennen wollte. Schauspieler Wotan Wilke Möhring (r.) machte Witze, während Moderator Markus Lanz wenig einfiel. Foto: ZDF

© Zweites Deutsches Fernsehen

"Wetten, dass..?"-Debüt: Lanz übertrumpft Gottschalk ...

... aber nur im Quoten-Duell. Seine Premiere sieht der neue „Wetten, dass..?“-Moderator kritisch. Warum Lanz damit völlig richtig liegt.

Für sein Debüt als „Wetten, dass..?“-Moderator muss Markus Lanz viel Kritik einstecken (siehe auch Tagesspiegel am Sonntag), doch eines ist ihm am Samstagabend zumindest gelungen: Er hat das Quoten-Duell gegen seinen Vorgänger Thomas Gottschalk für sich entschieden.

13,62 Millionen Zuschauer verfolgten die Neuauflage der ZDF-Show (Marktanteil 43,7 Prozent), nur 4,57 Millionen Menschen (14,1 Prozent) wollten dagegen das „Supertalent“ mit Gottschalk, Dieter Bohlen und Michelle Hunziker sehen, das zeitgleich auf RTL ausgestrahlt wurde. Damit erfüllte Lanz auch die Erwartungen von ZDF-Intendant Thomas Bellut, der sich mindestens acht Millionen Zuschauer gewünscht hatte. „Markus Lanz hat das klasse gemacht“, lobte Bellut nach der knapp dreistündigen Sendung. „Wir haben mit ihm genau den richtigen Mann für ,Wetten, dass..?‘.“

Wobei nicht zu vergessen ist, dass Lanz gar nicht erste Wahl war. Wunschkandidat ist Hape Kerkeling gewesen, doch der sagte ab. Lanz, der im ZDF bereits eine Talksendung und eine Kochshow moderiert, war die Alternative – mit der auch ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler am Samstag zufrieden war. Lanz habe „mit seiner Persönlichkeit, seinen Talenten und großem Einsatz“ der Show eine ganz eigene Note verliehen. Auch „Wetten, dass..?“-Erfinder Frank Elstner, der die Show in Düsseldorf live im Saal angesehen hat, ist mit seinem Nachfolger zufrieden: „Die Menschen mögen den Markus, der hat das toll gemacht.“

Lanz blieb zurückhaltend. „Ich denke, wir haben es nicht versenkt, sondern gezeigt, dass in Frank Elstners Idee noch eine Menge Kraft steckt“, sagte Lanz im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am Sonntag. Darauf könne aufgebaut werden, aber: „Wir haben noch viel Arbeit vor uns.“

Das stimmt allerdings. Mit seinen Kalauern lag Lanz gleich zu Beginn der ZDF-Show voll daneben, wie beispielsweise diesem: „Zuerst habe ich gezögert, die Sendung zu übernehmen, aber als man mir sagte, die erste ist aus Düsseldorf, dachte ich, das machst du. Nur hier ist die Pelz-Dichte noch höher als in Grönland“, so Lanz, der gerne Urlaub im Eis macht. Wenig lustig auch die Anmerkung des Südtirolers über seinen „Migrations- und Migränehintergrund“.

Mit seinen Gästen, darunter Fußballer Rafael van der Vaart und dessen Frau Sylvie, „Tote Hosen“-Sänger Campino, Tenor Rolando Villazon, Komiker Bülent Ceylan und Designer Karl Lagerfeld, wusste Lanz offensichtlich wenig anzufangen. Rasch hakte er eine Frage nach der anderen von seinen Moderationskarten ab, hetzte durch die Lebensläufe, was Schauspieler Wotan Wilke Möhring dann auch aus der Fassung brachte: „Was willst du noch hören?“, rüffelte der neue „Tatort“-Kommissar. Hat Lanz in seiner Talkshow so wenig gelernt?

Kein einziges interessantes Gespräch konnte er entwickeln, da war Lanz keinen Deut besser als sein Vorgänger Thomas Gottschalk. Die Gäste, alle gleich von Beginn der Show an dabei, hatten sich offenbar wenig zu sagen. Sie zusammen zu bringen, gelang Lanz nicht. Die Langweile stand ihnen ins Gesicht geschrieben, Jennifer Lopez bequemte sich erst 45 Minuten nach ihrem Auftritt dazu. „Gähn“ twitterte Rapper Cro, bevor er auf die Bühne ging. Auf dessen provozierenden T-Shirt-Spruch „Was reimt sich auf Lanz?“ fiel dem Moderator kein Konter ein.

Fast ein Jahr lang hat das ZDF nach Gottschalks letzter Show im vergangenen Dezember Zeit für eine „Kreativpause“ gehabt, um neue Ideen für „Europas größte TV-Show“ zu entwickeln. Heraus kam am Ende ein fahrbares Sofa und eine „Challenge“ zwischen Lanz und einem Studiogast, abgekupfert von Stefan Raab bei Pro 7. Dazu wurde Cindy aus Marzahn als XXL-Ersatz für Michelle Hunziker von RTL geholt. Innovation sieht anders aus.

Das gilt auch für die Wetten, die nach dem Sturz von Samuel Koch im Dezember 2010 weniger risikoreich sein sollen – aber doch bitte nicht gleich öde sein müssen. Kinder und Tiere, das geht immer, dachte offenbar das ZDF und ließ eine Kandidatin Hunderassen anhand ihren Haarreste erraten, ein Junge kannte das Berliner-S-Bahn-Netz auswendig, ein Ruderachter zog einen Wakeboarder übers Wasser und Wettkönig wurde am Ende ein Wettverlierer: Cijan Calis, der versucht hatte, auf einem schmalen Seil zu balancieren und Fußbälle per Fallrückzieher ins Tor zu bringen, ohne runterzufallen.

Es mangelte nicht nur an interessanten Gesprächen und spannenden Wetten, sondern auch an der Technik. Immer wieder gab es Tonprobleme, mal waren die Mikros zu leise, dann waren sie an, wenn sie aus sein sollten. Als es zur Stadtwette ging – Düsseldorfer ließen sich mit roter und weißer Farbe besprühen, um gemeinsam das Fortuna-Logo zu bilden – piepste es unerträglich.

Lanz selbst verzichtet lieber darauf, sich all das als Wiederholung anzusehen. Vermutlich „erst in ein paar Jahren“ wolle er sich das antun, sagte er der dpa. Eines sei ihm allerdings jetzt schon klar: „Nur wenn die Qualität der Sendung stimmt, stimmt auf Dauer auch die Quote.“

Am Samstag profitierte er vom Anfängerbonus, die Zuschauer waren gespannt auf den Neuen, darauf, was ihn unterscheidet vom Alten. Darauf kann Lanz künftig nicht mehr bauen – und das weiß er auch. Für die nächste Sendung am 3. November in Bremen will er deshalb „die richtigen Lehren“ aus seiner Premiere ziehen. Eine Erkenntnis habe er bereits gewonnen, sagte Lanz: „ Es geht nicht immer darum, alles besser machen zu wollen. Manchmal ist es klüger, es einfach nur anders zu machen.“

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