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Medien: Widerspruch

Springer klagt gegen Bundeskartellamt wegen des Verbots der Fernsehpläne

Wider Erwarten hat die Axel Springer AG am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerde gegen das Bundeskartellamt eingelegt. Damit will der Zeitungskonzern die Begründung anfechten, mit der die Bonner Behörde die Übernahme der Sendergruppe Pro Sieben Sat 1 untersagt hat. Das bedeute nicht, dass Springer nun doch an den Fernsehplänen festhalten wolle, hieß es gestern im Verlag. Das Verfahren sei eingeleitet worden, um Rechtssicherheit für künftige Akquisitionen zu erhalten. „Wir wollen die Chance zur Klärung einer für uns so wichtigen Rechtsfrage nicht ungenutzt verstreichen lassen“, sagte Sprecherin Edda Fels dem Tagesspiegel.

Am 24. Januar hat das Kartellamt mitgeteilt, die Fusion zwischen Springer und Pro Sieben Sat 1 zu untersagen. Daraufhin prüfte Springer, gerichtlich gegen das Verbot vorzugehen oder eine Ministererlaubnis zu beantragen. Am 1. Februar teilte Springer mit, die Übernahmepläne nicht weiter zu verfolgen. Sowohl eine Klage als auch der Antrag auf Ministererlaubnis berge zu hohe Risiken. Die Frist, um gegen einen Kartellamtsbescheid vorzugehen, beträgt vier Wochen. Sie wäre in der Nacht zum heutigen Freitag abgelaufen.

Wie kam es zu der Kehrtwende? Gleich mehrere Seiten haben ein Interesse daran, dass die Entscheidung des Kartellamts keinen Bestand hat. An der Urteilsbegründung stören sich sowohl Springer als auch Pro Sieben Sat 1, aber auch die Investorengruppe um Haim Saban, der Pro Sieben Sat 1 mehrheitlich gehört, und Bertelsmann mit seinen RTL-Sendern.

Bis 23. März hat das Kartellamt Zeit zu entscheiden, ob die RTL-Gruppe ihren Anteil am Nachrichtensender n-tv von fünfzig auf hundert Prozent erhöhen darf. Da n-tv schon in der Vergangenheit vollständig dem Gütersloher Medienriesen zugerechnet wurde, erschien das Vorhaben zunächst unproblematisch. Doch das Kartellamt kündigte bereits Bedenken an – und verhält sich damit nur konsequent. Schon die Fernsehpläne von Springer untersagte es mit dem Argument, zwischen den Sendern von Pro Sieben Sat 1 und RTL bestünde ein „wettbewerbsloses Duopol“, das achtzig Prozent des TV-Werbemarkts beherrsche. Dieses Duopol dürfe nicht abgesichert oder gar verstärkt werden. Letztlich bedeutet dies, dass sowohl Pro Sieben Sat 1 als auch RTL in Zukunft nur noch aus eigener Kraft wachsen dürften, also keine Aussicht auf kartellrechtlich genehmigungsfähige Zukäufe hätten. Und das zu einer Zeit, in der alle Sender nach neuen Erlösquellen suchen, um sich vom auf Dauer schrumpfenden Werbemarkt unabhängiger zu machen.

Vor diesem Hintergrund hat auch Saban ein Problem. Zwar versucht der US-Medienunternehmer den Anschein zu verbreiten, er und seine Partner wollten nach dem geplatzten Springer-Handel an Pro Sieben Sat 1 festhalten. Branchenkenner sind jedoch davon überzeugt, dass Saban damit lediglich den Kaufpreis hochtreiben will. Zudem braucht er eine Idee für neue Wachstumsfantasien, die ihm im Poker der nächsten Verhandlungsrunde nutzen. So kam es, dass Saban Interesse am Kauf des Abofernsehens Premiere nachgesagt wurde. Mit Premiere und dem derzeit hoch profitablen Pro Sieben Sat 1 unter einem Dach stiege die Attraktivität des Fernsehkonzerns – und damit der Verkaufspreis. Guillaume de Posch, Vorstandschef von Pro Sieben Sat 1, sagte am Dienstag: „Premiere ist für uns kein Thema“. Tatsächlich wäre es derzeit schon deshalb keines, weil das Kartellamt wohl jede Akquisition untersagen würde. Um so wichtiger erscheint es Pro Sieben Sat 1, das Argument des „wettbewerbslosen Duopols“ zu entkräften.

Warum aber sollte sich Springer im Interesse von Saban, Bertelsmann und Pro Sieben Sat 1 in ein Verfahren stürzen, wenn die Fernsehpläne ad acta gelegt sind? Einen Spaltbreit öffnet sich die Tür nun ja wieder. Das Anliegen von Springer betreffe ein weiteres Argument des Kartellamts, heißt es konzernintern: Die Behörde unterstellte, Springer wolle durch gegenseitiges Bewerben zwischen „Bild“ und anderen konzerneigenen Medien die marktbeherrschende Stellung des Boulevardblatts stärken. Auch diesen Untersagungsgrund bezeichnet Springer als unrechtmäßig und will nun klären lassen, inwiefern überhaupt noch Wachstum durch Zukäufe im Inland möglich ist.

Mit dem Beschwerdeverfahren hat Springer übrigens die Kölner Kanzlei Cleary Gottlieb Steen & Hamilton beauftragt. Die Zusammenarbeit mit Eckhard Bremer von der Berliner Kanzlei Hogan & Hartson Raue hat Springer nach Informationen dieser Zeitung wegen Unstimmigkeiten bereits Ende Januar beendet.

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