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Medien: „Wir drucken immer in Farbe“

Abbilden oder nicht? Umfrage zu den Fotos der toten Saddam-Söhne

Die Veröffentlichung der Fotos der toten Söhne von Saddam Hussein entfacht Diskussionen. Am Freitag hatten zahlreiche deutsche Zeitungen Fotos der Leichen von Udai und Kusai Hussein abgedruckt. Ob jedoch die Veröffentlichung für die Berichterstattung notwendig war, wird kontrovers diskutiert. Die unterschiedliche Behandlung in den Medien zeige, dass man es mit einem ethischen Grenzfall zu tun habe, sagte der Medienwissenschaftler Siegfried Weischenberger.

Die ansonsten bilderscheue „FAZ“ hatte die Fotos am Freitag auf Seite zwei gezeigt. Herausgeber Günther Nonnenmacher argumentiert, die politische Bedeutung und damit die Relevanz der Fotos seien sehr hoch. Deswegen habe man sich nach langer Diskussion letztlich dazu entschlossen, die beiden Fotos in Schwarz-Weiß zu veröffentlichen. Er selber habe ein ungutes Gefühl gehabt, habe sich aber dann doch für die Abbildung entschieden, auch um eventuelle Zweifel an dem Tod der beiden Männer zu widerlegen.

Auch die „Berliner Zeitung“ zeigte die Bilder. Die Frage, ob man die Fotos schwarz- weiß auf der Seite sechs veröffentlichen soll oder nicht, habe die Redaktion lange beschäftigt. Uwe Vorkötter, Chefredakteur der „Berliner Zeitung“, betonte, dass man ansonsten nie tote Menschen ablichte. Diese Fotos aber seien Dokumente der Zeitgeschichte. Würde man sie nicht veröffentlichen, könnten sich Spekulationen ergeben, ob die Fotos überhaupt existieren. Man habe sie jedoch bewusst nicht auf Seite eins und in Farbe gedruckt, um niemanden zu schockieren.

Die Argumentation für die Veröffentlichung der Fotos läuft zumeist in die gleiche Richtung. Die Fotos seien nun mal Dokumente der Zeitgeschichte und somit auch veröffentlichbar. Jörg Quoos, Mitglied der Chefredaktion der „Bild“-Zeitung, sagte, „bei den Bildern eines aufgeknüpften Mussolini oder Che Guevara hat sich damals auch niemand beschwert“, und die Söhne Saddams gehörten schließlich zu den meistgesuchten Kriegsverbrechern des Iraks. „Bild“ habe die Fotos in Farbe gedruckt, da sie auch in Farbe erschienen sind und man das Material nicht verändern wollte. Außerdem drucke die „Bild“-Zeitung immer in Farbe, so Quoos.

Siegfried Weischenberger meint dagegen, im Spannungsverhältnis zwischen Informationspflicht und Menschen müsse daran festgehalten werden, dass „auch Verbrecher eine Menschenwürde haben“. Insofern sei die Argumentation von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld nicht nachzuvollziehen. Rumsfeld habe gegen die Veröffentlichung der Fotos toter US-Soldaten moralisch argumentiert, im Falle der Saddam-Söhne aber Nützlichkeitserwägungen angeführt.

Jan-Eric Peters, Chefredakteur von „Welt“ und „Berliner Morgenpost“, vertritt eine andere Position: Man könne diese Fotos nicht nur veröffentlichen, man müsse sie sogar veröffentlichen. „Wir haben die Fotos gedruckt, weil sie Dokumente der Zeitgeschichte sind und von großer aktueller Bedeutung im Irak- Konflikt.“ Die Fotos seien behutsam einspaltig und ohne jeden Voyeurismus im Original gedruckt. Doch nicht alle deutsche Zeitungen scheinen so zu denken. Die „Süddeutsche Zeitung“ oder der Tagesspiegel hatten sich dazu entschlossen, die Fotos nicht abzubilden.

Das US-Verteidigungsministerium hat am Freitag weitere, weitaus brutalere Aufnahmen der nachträglich präparierten Leichen von Saddams Söhnen veröffentlicht. Das ZDF zeigte sie am Nachmittag mit der Ankündigung, es folgten nun sehr grausame Aufnahmen. N 24 berichtete, in den USA werde darüber diskutiert, ob man auch Videobilder im Fernsehen zeigen soll.

Antonia Kränzlin

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