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Medien: „Wir sitzen nicht nur am Telefon“

Die Hunzinger-Affäre hat der PR-Branche geschadet. Auch die Kunden sind vorsichtiger

Herr Wallrabenstein, muss Ihre Branche nach der Hunzinger-Affäre jetzt Krisen-PR in eigener Sache machen?

Ja, es ist ein Schaden entstanden. Es ist ja nichts Ehrenrühriges, was wir tun. Aber der eine oder andere Kunde fragt jetzt nach: Ist das noch in Ordnung, was wir hier machen?

Wann ist denn politische PR Ihrer Meinung nach nicht mehr Ordnung?

Unser Job ist es, Kontakte herzustellen zwischen einem Unternehmer oder einem Politiker oder Journalisten. Das ist legitim. PR und Lobbying hat nun mal damit zu tun, dass sich Menschen kennen. Aber wir sitzen natürlich nicht nur am Telefon, wie man sich das jetzt vielleicht vorstellt, und rufen irgendwen an. Wir machen auch Konzepte. Die Grenze liegt da, wo jemand Einfluss auf Entscheidungen nehmen will.

Was ist mit Vortragshonoraren, die Hunzinger Politikern gezahlt hat, die das Geld als Spende an die Partei weitergegeben haben?

Honorare für öffentliche Vorträge sind grundsätzlich in Ordnung. Aber man kann nicht zu einem Unternehmer gehen und sagen: Wenn Du mir 100 000 Mark zahlst, besorge ich dir einen Termin bei einem Minister. Und dann geht man zum Minister und sagt: Ich spende 50 000 an deine Partei, wenn du den Unternehmer triffst. Es gibt da eine klare Regel des Branchenverbandes: Man darf nicht für zwei Seiten arbeiten.

Moritz Hunzinger gab im Fall Scharping nur ein einziges Essen zu, das er für den Minister arrangiert habe, mit einem Stahlindustriellen. Ist so was denn üblich in der PR-Branche?

Üblich ist es nicht. Wenn einer ein Regierungsamt hat, hat er einen engen Terminplan. Da kann man nicht einfach anrufen und fragen: Wann hast Du denn mal Zeit?

Schafft es Hunzinger, sich zu rehabilitieren?

Es ist schwer: Ihm ist seine Basis entzogen worden. Kaum jemand wird sich in absehbarer Zeit mit ihm treffen wollen. Ich möchte nicht in seiner Haut stecken.

In die erste Krise war Hunzinger geraten, als sein Klient Scharping mit seiner neuen Lebensgefährtin, Gräfin Pilati, in einem Swimming- Pool fotografiert wurde.

Die Swimming-Pool-Bilder waren ungeschickt und kamen zur falschen Zeit. Wenn deutsche Soldaten im Ausland kämpfen, kann der Minister nicht planschen.

Was halten Sie denn von der Personalisierung von Politik?

Heute kommt man nicht mehr ohne aus. Die politischen Fragen sind heute so hoch komplex, dass man sie nur halbwegs versteht. Wer es schafft, durch Personen und Symbole es den Leuten zu erklären, hat schon halb gewonnen.

Politiker scheinen immer mehr bereit zu sein, Privates von sich preiszugeben.

Ich weiß nicht, ob sie es früher nicht auch schon gemacht hätten. Der Unterschied ist: Es wird mittlerweile von den Medien erwartet. Vor 15 Jahren gab es drei Fernsehkanäle. Heute konkurrieren Politiker in den Medien kaum mehr mit Politikern der anderen Parteien, sie konkurrieren mit Lifestyle- und Talkshow-Formaten. Nehmen Sie nur Schröders Haare. Da wird nun ein Unionspolitiker zu einer Talkshow eingeladen, sitzt neben Udo Walz und soll was zu den Haaren des Kanzlers sagen.

Würden Sie ihm raten, überhaupt dorthin zu gehen?

Schon. Es gibt heute nur noch zwei Sorten Politiker. Diejenigen, die in der Talkshow sitzen und diejenigen, die davor sitzen. Erstere sind viel erfolgreicher.

Das Gespräch führte Barbara Nolte.

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