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Medien: Wir waren das Volk

„Gethsemanekirche“: RBB-Dokumentation über die friedlichen Revolutionäre vom Prenzlauer Berg

Schönhauser Allee: Junges Publikum auf den Straßen zwischen Geschäften, dem dichten Straßenverkehr und der U-Bahn- Hochtrasse. Genau hier, in dieser Gegend, Prenzlauer Berg, ist es passiert. Von hier gingen entscheidende Impulse für die Proteste aus, die zur friedlichen Revolution in der DDR führten. Aus der Gethsemane-Kirche. Einem Ort, der in seiner Geschichte immer Platz bot für Andersdenkende. Der Ort, über den Hans Sparschuh den Dokumentarfilm „Das Ende der Eiszeit“ gemacht hat.

Die Kirche wird von Demonstranten besetzt im Oktober 1989. Sie drohen mit Hungerstreik, sollten die unschuldigen Gefangenen der SED nicht freikommen. Rund um die Kirche Transparente – „Keine Gewalt!“ –, die Gemeinde gewährt Unterschlupf vor den bewaffneten Polizeitruppen.

Sparschuh lässt Zeitzeugen erzählen und gibt ihnen viel Zeit für ihre Erinnerungen. Unterstützt von Archivmaterial, das man bereits aus anderen Dokumentationen kennt, das hier aber zum Teil der Geschichte wird. Die Menschen, die sich damals in der Kirche verschanzten, sind heute Künstler, Musiker oder Archivar und engagieren sich für die Aufarbeitung der SED-Vergangenheit. Mit zeitlicher, teils ironischer Distanz, erzählen sie, wie sie das Ende der DDR erlebten. Dabei wählt Sparschuh eine Perspektive von unten: Er fasst die Ereignisse nicht nüchtern zusammen, er erzählt den Film aus der Perspektive der Beteiligten, was sie erlitten haben und was sie weiterkämpfen ließ.

Der Film schafft, was ein Dokumentarfilm schaffen kann: Er berührt, und die Straßen um die Schönhauser Allee sehen auf einmal etwas anders aus. Man hat vor Augen, was damals geschah, vor 15 Jahren. Wer diese Menschen waren, die in der Gethsemanekirche einen Schutzraum fanden.

„Gethsemanekirche – das Ende der Eiszeit“: 20 Uhr 15, RBB; außerdem läuft am heutigen Sonntag zum Tag der Deutschen Einheit: der „Festakt live aus Erfurt“ (12 Uhr, ARD) und die Dokumentation „Lebenslinien. DDR-Biografien 15 Jahre nach der Grenzöffnung“ (14 Uhr, NDR); 3sat macht extra einen Thementag „Geheimsache D – der kalte Krieg der Spione“ – unter anderem mit einem Dokumentarfilm über den deutschen Doppelagenten Klaus Kuron (21 Uhr 45).

Stefan Schweiger

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