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Ein leeres Stadion - wie das in Sotchi - sähe im Fernsehen nicht gut aus.

© Artur Lebedev/AP/dpa

WM 2018: Von Tor zu Tor: Ein Spektakel für die Zuschauer

Nahaufnahmen von Jubeltrauben sind bei der WM gestattet, Bilder von leeren Stadionreihen nicht. Ohnehin wird das Spektakel vor allem für das Publikum draußen an den Bildschirmen veranstaltet.

Sie sehen’s und hören’s – auf der Gegentribüne noch viele leere Plätze“, streut Moderator Oliver Schmidt beim Spiel Russland gegen Ägypten ein. Hab’ ich’s doch gesagt! Die ganze Zeit schon schaue ich auf leere Sitzreihen im Petersburger Stadion, soweit die Kamera den Blick darauf erlaubt. Offenbar gibt es eine Anweisung der Fifa an die von ihr kontrollierte Technik, so wenig Stadion wie möglich zu zeigen und die Kamera strikt auf das Grün des Spielfelds fokussiert zu halten. Nur Nahaufnahmen von Jubeltrauben sind gestattet, die lassen sich schön heranzoomen, ohne die Gesamtheit der Zuschauer zeigen zu müssen.

Die offiziellen Zuschauerzahlen bewegen sich bislang immer knapp unterhalb der Stadionkapazität; das sind, St. Petersburg und das Moskauer Luschniki-Stadion ausgenommen, jeweils an die 45 000. Nicht viel für ein so großes Land. Andererseits verhindern die komplizierten Regularien des Ticketverkaufs jeden spontanen Spielbesuch. Und für die leeren Sitze werden die Sponsoren verantwortlich gemacht, die ihre bündelweise erstandenen Tickets nicht breit genug gestreut hätten oder was weiß ich. In Russland sind immer anonyme Mächte schuld, wenn etwas nicht klappt.

„Ägypten zerfällt in seine Einzelteile“, konstatiert Moderator Schmidt verblüfft, als dem zweiten ein schnelles drittes Tor der Russen folgt. Die Ränge sind jetzt, nach der Halbzeitpause, wieder gut gefüllt. Was Zuschauerzahlen angeht, sind wir sensibilisiert, seit bekannt wurde, dass die Zahlen der Bundesliga geschönt sind, weil Dauerkarteninhaber stets eingerechnet werden, obwohl im Schnitt zehn Prozent ihrer Plätze leer bleiben.
Solange die Kameras immer nur knapp über den Spielfeldrand hinaus schauen, merkt’s der Fernsehzuschauer nicht. Für ihn, für uns, den Bildschirm-Fan, wird das Spektakel schließlich veranstaltet. Die Realität im Stadion ist doch nur Deko.

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