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Medien: Wozu Rundfunkgebühren?

EU rügt deutsche Praxis – VPRT-Chef Doetz sieht ARD und ZDF unter Druck

Herr Doetz, wann sinken die Rundfunkgebühren für ARD und ZDF?

Es wäre ja schon mal ein Erfolg, wenn sie nicht erhöht würden – wie jetzt zum 1. April. Das Ziel der Privaten bleibt, dass ARD und ZDF auf Werbung verzichten, gegen Kompensation. Was allenfalls erreicht werden kann: eine Nullrunde bei der nächsten Gebührenrunde.

Aber kommt nicht Hoffnung aus Brüssel? EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes sieht in den Gebühren unzulässige Beihilfen für die Öffentlich-Rechtlichen.

In allen vergleichbaren Verfahren für andere EU-Länder wurden Gebühren als Beihilfe definiert. Das ist kein Angriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sondern ein Plädoyer für mehr Transparenz. Das ist im Sinne des Gebührenzahlers, wenn er künftig weiß, wofür seine Gebühren wirklich verwendet werden.

Was genau an der Verwendung der Gebühren stört Brüssel?

Die EU sorgt sich um den fairen Wettbewerb, um klare Spielregeln. Hier gibt es bei ARD und ZDF die Probleme im Online-Bereich, bei den Sportrechten, hier gibt es das grundsätzliche Problem, dass der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht klar definiert ist. Man muss doch nur nach Großbritannien schauen, wo jetzt öffentlich um die künftige Aufgabe der BBC diskutiert wird. Ich höre, dass die Vertreter der deutschen Länder bei ihren Gesprächen mit der Kommissarin Mitte Januar erfahren mussten, dass Gebühren Beihilfen sind. Was für die öffentlich-rechtlichen Sender bedeuten würde: eine doppelte Buchführung für Ausgaben, die klar durch einen Auftrag, der wiederum klarer definiert sein muss, vorgegeben sein müssen, und für Aktivitäten, die eben nichts mit dem Auftrag zu tun haben. Das heißt: mehr Sorgfalt beim Umgang mit den Rundfunkgebühren.

Worauf müssen sich ARD und ZDF nach dem EU-Bescheid einstellen?

Nehmen wir mal den Online-Bereich: Soll er ausschließlich programmbegleitend sein oder nur ein bisschen programmbegleitend? Hier muss eindeutig vorgegeben werden, dass außerhalb ihrer Programm-Aktivitäten ARD und ZDF nichts zu verkaufen haben.

Heißt das: ARD und ZDF dürfen künftig nur noch Programm in Hörfunk und Fernsehen veranstalten, aber keine Studios mehr betreiben, keine Tickets verkaufen?

Es geht noch einen Schritt weiter: Wie viele Programme sollen ARD und ZDF überhaupt veranstalten, was wird darin gesendet, was entspricht dem öffentlich-rechtlichen Auftrag? Niemand will die Gebührenfinanzierung abschaffen, niemand will jeden öffentlich-rechtlichen Online-Auftritt verbieten, nur um das richtige Maß geht es. In Brüssel wird keine deutsche Medienpolitik gemacht, sondern es wird gefragt, geht Ihr mit den Gebühren entsprechend eines Auftrages richtig um. Jetzt kommt endlich der Druck aus Brüssel, dass dieser Auftrag sauber gefasst wird.

Nun ist die EU-Kommission eine Behörde mit zähem Arbeitsfluss. Wann wird die Initiative konkret? In fünf, in zehn Jahren?

Nach meinen Informationen wird es Anfang kommender Woche ein Schreiben an die Bundesregierung, die für Brüssel eben der Ansprechpartner ist, geben, das die rasche Umsetzung der EU-Forderungen verlangt. Ich denke hier an Monate, nicht an Jahre.

Wie weise ist es für das duale Rundfunksystem aus privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern, wenn die EU-Kommission in dieses Verhältnis einbricht, quasi eine ménage à trois daraus wird?

Das ist keine ménage à trois, hier geht es um eine Wettbewerbsverletzung.

Zuletzt traten ARD/ZDF Seite an Seite mit den für die Gebühren zuständigen Ministerpräsidenten auf. Motto: Das regeln wir wie immer alles ohne Brüssel. Die Privaten stehen da wie die Petzer. Schwört die Politik bereits Rache?

Nein, die Politik muss endlich begreifen, dass dies nichts mit Föderalismus zu tun hat. Bedauerlich ist, dass sich die Länder so lange und so einseitig als Verteidigungs-Avantgarde des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dargestellt haben.

Wird das Klima zwischen Privaten und Öffentlich-Rechtlichen eisig?

Im Gegenteil, wenn die Wunden geleckt sind, dann ist es mein Anliegen und hoffentlich auch das von ARD und ZDF, dass man sich an den Tisch setzt und sagt: Jetzt kennen wir gewisse Spielregeln, und jetzt lass’ uns mal sehen, bevor die Digitalisierung richtig durchstartet, wie sind die Claims abgesteckt. Wir Privaten haben auch keine Lust, dauernd in Brüssel aufzumarschieren.

Das Gespräch führte Joachim Huber.

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