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Statt mit ihrem Verlobten reist Lucie (Jennifer Ulrich) lieber mit Abenteurer Ben (August Wittgenstein) durch Marokko – und muss plötzlich um Liebe und Leben kämpfen.

© Sat1

"Wüstenherz" wandert zu Sat1: Tausche Abenteuer gegen Liebe

Eigentlich sollte „Wüstenherz“ bei Pro7 laufen, doch dann geriet die Produktion ins Stocken. Jetzt wird der Film bei Sat 1 gezeigt - und wurde dafür vom Abenteuer- zum Familienmovie umgebaut.

Schauspieler August Wittgenstein erinnert sich gern an den Dreh zum Sat-1-Movie „Wüstenherz – Der Trip meines Lebens“. Vor allem an die Szene, als er völlig ausgelaugt von harten Kletterdrehs in der sengenden Hitze Marokkos von einem einheimischen Filmhelfer einen Leguan in die Arme gelegt bekam. „Er sagte, er hätte ihn gerade in der Wüste gefunden. Die Ruhe des trägen Tieres übertrug sich augenblicklich auf mich.“ Wahlberliner Wittgenstein ist kein Nobody. Er alberte nach seiner Schauspielausbildung in New York und Los Angeles schon 2009 mit Tom Hanks in „Illuminati“ und war gerade im Kino im Hollywoodblockbuster „The Congress“ zu sehen.

Die Dreharbeiten gerieten für alle Beteiligten zu einem Selbsterfahrungstrip. Auch für die Hauptdarstellerin Jennifer Ulrich („Die Welle“) aus Berlin, die einen Gleitschirmabsturz ebenso achselzuckend wegsteckte wie die regelmäßigen Sandstürme, „die uns daran hinderten, die Augen überhaupt aufzubekommen“. Außerdem hätte die gnadenlos sengende Hitze von bis zu 40 Grad „die Drehtage doppelt so lang“ erscheinen lassen. Da kann man nur von Glück reden, dass die neunzig Minuten in nur 19 Tagen gedreht wurden mit einem Budget, das – so hört man – knapp unter einer Million Euro gelegen haben soll. Regisseur Robert Krause ging dafür bis an die Grenzen der körperlichen Belastung, als er einen akuten Leistenbruch während des Drehs einfach ignorierte und mit einem vor Ort gebastelten Korsett vorwiegend liegend weiterdrehte.

Der komplette Film wurde nachsynchronisiert

„Wüstenherz – Der Trip meines Lebens“ ist das ambitionierte erste Projekt der erst am 1. Januar 2013 gegründeten Story House Pictures. Auch für Produzentin Heike Bittner von Meinwerk Film war es der erste abendfüllende Spielfilm, der komplett auf Englisch gedreht wurde, um bei der Filmmesse in Cannes bessere weltweite Vermarktungsmöglichkeiten zu haben. Für den deutschen Zuschauer heißt das im Umkehrschluss, dass der komplette Film im Studio nachsynchronisiert werden musste und die Stimme von Hauptdarsteller August Wittgenstein gar nicht seine eigene ist. Das mag zu Beginn des Films für Befremden sorgen.

Was aber das „Wüstenherz“ besonders zum Schlagen bringt, ist die Geschichte seiner Entstehung. Vor zwei Jahren eigentlich konzipiert als Abenteuerfilm, der auf den wahren Erlebnissen von Freunden der Produzentin basiert, die mit ihrem Jeep im Treibsand der Wüste stecken geblieben waren, gerieten die Vorbereitungen ins Stocken, als klar wurde, dass der Auftraggeber Pro 7 dieses Projekt doch nicht in seinem Programm ausstrahlen wollte. Der Stoff ruhte und dann wurde entschieden, ihn für Sat 1 umzuschreiben. „Wir nahmen einige Änderungen an der ursprünglichen Drehbuchfassung vor“, sagt Ex-Pro-7- und jetzt Sat-1-Redakteur Christian Balz. Letztlich sei das Produkt mit den frauenaffinen Einschnitten stimmiger geworden: „Dieses kammerspielartige Abenteuer ist ungewöhnlich für Sat 1. Ich kann mich nicht erinnern, dass es so etwas schon einmal gegeben hat. Der Kern der Geschichte soll den Zuschauer in seiner Lebenswelt abholen: Eine Frau, die kurz vor der Hochzeit steht und eine Erfahrung macht, die ihr ganzes Leben auf den Kopf stellt.“

Der Abenteuerplot wird die Luft aus den Reifen gelassen

Durch den Wechsel von Pro 7 zu Sat 1 sei „Wüstenherz kein komplett anderer Film“ geworden, doch entscheidende Szenen erfuhren eine andere Auflösung oder wurden neu geschrieben. Beim Tausch vom Abenteuer- zum Familien-Movie wurde ein waghalsiger Flug mit dem Paraglider über eine Schlucht, den ursprünglich Ben (August Wittgenstein), Lucies Wüstenbegleiter machen sollte, nun von Lucie absolviert. „Sie ist in der ersten Fassung nicht geflogen“, verrät Balz, „nun steht das für die Überwindung ihrer Ängste. Sie war ja vorher so festgelegt in ihrem Leben.“ Eine für Sat 1 neu verfasste Szene, in der die beiden die erste gemeinsame Nacht unterm Sternenhimmel der Wüste verbringen, endet mit der Schlüsselfrage von Lucie an Ben: Was er sich denn jetzt wünschen würde? Und schließlich das umgeschriebene Ende, das sich mit der eindeutigen Andeutung begnügt, dass die Heldin einen neuen Lebensweg einschlägt. Hier wird dem Abenteuerplot buchstäblich die Luft aus den Reifen gelassen, um die romantische Attitüde des Abenteurers Ben doch noch deutlich zum Tragen zu bringen. „Wüstenherz ist ein stimmiger Sat-1-Film. Ob das alles aufgeht, wissen wir auch erst nach der Ausstrahlung“, sagt Christian Balz.

„Wüstenherz – Der Trip meines Lebens“, Sat 1, Dienstag, 20 Uhr 15

Jörg Seewald

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