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Medien: Zähes Ringen

Die Gebührenklage von ARD und ZDF stößt auf kritische Fragen der Verfassungsrichter

ARD und ZDF können kaum darauf hoffen, dass ihnen das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe höhere Rundfunkgebühren zuspricht, als es die Länder 2005 getan haben. In der mündlichen Verhandlung mussten sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten am Mittwoch mit zahlreichen kritischen Fragen des Ersten Senats auseinandersetzen.

Am 1. April 2005 wurde die Rundfunkgebühr auf 17,03 Euro im Monat erhöht, was einen Aufschlag von 88 Cent bedeutete. Diesen Betrag halten die öffentlich-rechtlichen Sender von ARD, ZDF und Deutschlandradio aber für zu gering und sehen darin einen Eingriff in ihre Programmfreiheit. Sie berufen sich auf die Empfehlung der unabhängigen „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF)“, die einen Bedarf von 17,24 Euro errechnet hatte. Von dieser Empfehlung der KEF rückten die Länder jedoch erstmals ab und korrigierten die Erhöhung um 21 Cent nach unten. Diese Abweichung nannte der ARD-Intendant Fritz Raff gegenüber dem Bundesverfassungsgericht eine „politisch überlagerte Entscheidung“ zulasten der Öffentlich-Rechtlichen.

Raff, ZDF-Intendant Markus Schächter und Ernst Elitz vom Deutschlandfunk bezifferten ihre Fehlbeträge durch die geringere Erhöhung auf insgesamt etwa 440 Millionen Euro, denn die nächste Gebührenfestsetzung erfolge erst ab 2009. Vor allem kritisierten die Intendanten die Abweichung vom Vorschlag der KEF als Verletzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts von 1994.

Kurt Beck (SPD), rheinland-pfälzischer Ministerpräsident und sein Stuttgarter Kollege Günther Oettinger (CDU) rechtfertigten ihre damalige Entscheidung in Karlsruhe noch einmal. Die schlechte Wirtschaftslage im Jahr 2004, die durch hohe Arbeitslosigkeit, sinkende Löhne und Insolvenzen geprägt gewesen sei, hätten die Entscheidung notwendig gemacht, die Gebühren nur moderat anzuheben. Aber auch die Einsparpotenziale der öffentlich-rechtlichen Sender, konkret die Umstellung auf digitale Technik gegenüber der teuren terrestrischen Übertragung, verringere den Gebührenbedarf. Beck und Oettinger verwiesen zudem auf die europäische Kommission, die erst vor einigen Tagen die in Deutschland geltenden Rundfunkgebühren nur unter der Voraussetzung akzeptiert habe, dass der Staat die Gelder stärker kontrolliere.

Oettinger stellte in Aussicht, dass das Finanzierungssystem der öffentlich-rechtlichen Sender in seiner bisherigen Form „kaum noch zu halten“ sei. Eine Gebühr, die sich bisher vor allem auf die Geräte bezog, stehe angesichts des Radio- und Fernsehempfangs auf dem PC in Zukunft in- frage. „Die Akzeptanz der Rundfunkgebühr stößt an ihre Grenzen“, so Oettinger wörtlich.

ARD und ZFD wollten die Länderparlamente auf eine „Missbrauchskontrolle“ der KEF-Empfehlung beschränken. Das stieß auf kritische Richterfragen. Der Erste Senat verhandelte weniger über Detailfragen der Rundfunkgebühren, sondern über die grundsätzliche Abgrenzung der Kompetenz der Parlamente gegenüber der Befugnis einer Kommission. Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier entgegnete dem Prozessvertreter des ZDF, dass es ein „Novum“ darstelle, einem Parlament lediglich „Missbrauchskontrolle“ gegenüber einer nicht gewählten Kommission zuzubilligen. Verfassungsrichter Reinhard Gaier betonte den Entscheidungsspielraum der demokratisch legitimierten Parlamente. Das Bundesverfassungsgericht könne Parlamentsentscheidungen nicht deshalb korrigieren, weil es sie nicht für richtig halte. „Mir gefallen manche Entscheidungen auch nicht“, so Gaier wörtlich. Gerichtspräsident Papier und Berichterstatter Wolfgang Hoffmann-Riem deuteten an, dass man das Urteil von 1994 weiterentwickeln müsse. Damals sei die Frage, wann ein Parlament von der Empfehlung der Kommission abweichen dürfe, noch nicht vertieft worden. Die Verfassungsrichter Christine Hohmann-Dennhardt und Brun-Otto Bryde fragten nach der für das Parlament geltenden Grenze, von der KEF-Empfehlung abzuweichen.

Das Urteil wird der Erste Senat voraussichtlich in etwa drei Monaten sprechen. Auch innerhalb der achtköpfigen Richterbank zeichnet sich ein Ringen um den Entscheidungsspielraum bei der Festsetzung der Rundfunkgebühren ab.

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