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ZDF: Der unschuldige Schuldige

"Das Geheimnis im Wald": Christoph Waltz spielt einen Lehrer, der eine Schülerin umgebracht haben soll.

Ist da jemand unschuldig inhaftiert worden, damals, vor 15 Jahren? Diesen Eindruck jedenfalls erweckt der ehemalige Lehrer Hans Kortmann (Christoph Waltz), der inzwischen aus der Haft entlassen wurde. Er soll eine etwa 15-jährige Schülerin getötet haben. Damals fand man ihre Leiche in seinem Schrebergarten. Doch Kortmann leugnet bis heute, beteuert weiterhin seine Unschuld. Er sei es nicht gewesen. Das tut er derart insistierend und überzeugt, dass man es ihm beinahe glauben will. Nur, dass nun die gleichaltrige Clara Tomrad wie vom Erdboden verschluckt ist, und für das ganze von den Wäldern des Harzes umgebene Dorf nur ein Verdächtiger infrage kommt: Kortmann.

Es ist das Thema des unschuldig Schuldigen, dieser kafkaeske Topos, dass ein Mensch für etwas schuldig gesprochen wird, dessen er sich selbst gar nicht bewusst ist, und das zuweilen nicht einmal greifbar ist.

Im Universum Franz Kafkas ist der Psycho-Thriller „Das Geheimnis im Wald“ zwar nicht gleich angesiedelt, doch gereichen das Drehbuch von Hanno Hackfort und Michael Helfrich sowie die bewährte Regie von Peter Keglevic durchaus dazu, so manch unerklärbar kafkaesken Schauer hervorzurufen, in dieser vom Wabern des Waldes durchzogenen Dorfgeschichte.

Die verschwundene Clara Tomrad stammt aus wohlfeilem Hause, ihre Eltern Susanne (Sophie von Kessel) und Markus Tomrad (Thomas Sarbacher) wohnen in einer mehrstöckigen gediegenen Prachtvilla, unter gleichem Dach wohnt zudem auch Markus’ Vater, der einflussreiche Brauereibesitzer Wilhelm Tomrad (Wolf Roth). Und freilich ist man in diesem Hause aufs Äußerste besorgt, die dem Chaos gewichene Ordnung der Dinge wiederherzustellen. Wirklich wahrhaftig besorgt scheint nur Mutter Susanne. Sie ist auch die Einzige, die erleichtert ist, als Hauptkommissar Steffen Gellhagen (Pierre Besson) aus Hannover auf den Fall in der waldigen Provinz angesetzt wird. Susanne und Steffen, sie standen sich früher einmal näher. Und: Hans Kortmann verweigert jegliche Aussage gegenüber dem hiesigen Ermittler Frank Breitner (Horst-Günter Marx), er will ausschließlich mit Gellhagen sprechen, denn Gellhagen war es, der Kortmann seinerzeit hinter Gitter brachte ...

Ein wenig „Schweigen der Lämmer“ ist schon dabei, wenn der wie stets herausragende Christoph Waltz sein Gegenüber fernsteuert, ihn manipuliert, ihn auflaufen lässt, ihn in die Irre führt, ihn in die Rat- und Hilflosigkeit stößt. Und das alles in stoischer Gelassenheit und Indifferenz. Dem Anschein nach. Da spielt einer Katz und Maus. Einer, der damals, vor 15 Jahren, zur Maus wurde, und das, wo er doch unschuldig war und ist. 15 Jahre Gefängnis. Das hat der Kortmann dem Gellhagen zu verdanken. Und nun dieser neue, dieser so sehr ähnliche Fall. In diesem niedersächsischen Dorf, nahe dieses Grimmschen-Märchen-Waldes, in dem ab und an Schüsse fallen, und durch den ab und an Brauereichef Tomrad in langem wallenden Mantel und mit finsterster Miene schreitet, stets mit Gewehr bewaffnet. Manchmal, da wabert es düster nebelverhangen in Peter Keglevics solider Inszenierung ein wenig zu viel, heult das Edgar-Wallace-Käuzchen etwas zu häufig auf. Und, was gar nicht hätte sein müssen, plagiiert die Musik von Jürgen Ecke allzu eindeutig das Klavier-Leitmotiv aus „American Beauty“. Das hätte nicht sein müssen, die x-te Variation dieser Filmkomposition mag denn auch nicht passen. Doch allein das undurchdringlich-undurchschaubare Mimenspiel von Christoph Waltz, subtil maliziös, vermag dies schon wettzumachen.

„Das Geheimnis im Wald“, 20 Uhr 15, ZDF

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