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Gut zu Pferd. Maximilian (Jannis Niewöhner) und Maria (Christa Théret).

© ZDF und Thomas W. Kiennast

ZDF-Dreiteiler "Maximilian": Gute Minne zum bösen Spiel

Der ZDF-Dreiteiler „Maximilian“ ist anders als jede "Wanderhure" bilderstarkes und historisch ambitioniertes Fernsehkino.

Ach, wie war es ehedem mit TV-Mittelalter so bequem. Vor allem für Drehbuchautoren, für sie reichte Heinzelmännchen-Niveau. Aus der ranzigen Lore-RomanWelt entsprungen, stolzierte 2010 auf Sat 1 Alexandra Neidel als „Wanderhure“ durch das blecherne Milieu der Gehörnten und Geharnischten zu unverstehbar hohem Quotenerfolg (fast zehn Millionen Zuschauer). Nichts als Pferdetrappeln, Fackeln, Phrasenklirren. Gähn.

Aufwachen! Jetzt kommt vom 1. Oktober an der ORF/ZDF-Dreiteiler „Maximilian“ (Regie: Andreas Prochaska, Drehbuch: Martin Ambrosch). Man reibt sich die Augen. Gefackelt und galoppiert wird zwar immer noch, aber sonst ist der Kitsch verschwunden. Alles wirkt lange her, aber nicht von gestern. Unser verwirrtes Jetzt spiegelt sich in einem verwirrten Vorgestern. Oberliga eben.

Erzählt wird eine fiktive, aber nicht eine historisch unwahre Geschichte. Mitproduzent Jan Mojto: „Österreichisches Mittelalter trifft auf flämische Renaissance, verarmtes Rittertum auf pulsierenden Handel und schließlich politisches Kalkül auf echte Emotion.“

Beeindruckend ist gleich die „Maximilian“-Eröffnung: Karl der Kühne, Herzog von Burgund, fällt 1477 bei Nancy. Ein Schlachtfeld aus sinnlos gewordenem Blech rückt ins Bild. Die Toten bilden einen silbrigen Teppich. Aus ist es mit Karls rastloser Eroberungslust. Die Nachfolge übernimmt Maria von Burgund (1457–1482). Schön, reich und stolz, als Frau begehrte Beute im Dynasten-Schach.

Gefühlsambivalenz

Die Bilder (Kamera: Thomas Kiennast) sprechen bei „Maximilian“ genauso bestimmend mit wie der gelungene Dialog. Da herrscht in den Szenen eine Gefühlsambivalenz wie auf dem Dürer-Holzschnitt „Ritter, Tod und Teufel“. Ritter werden zwar noch als Retterfiguren geträumt, aber ihre Welt hat ausgedient.

Zur Ritterdämmerung, besonders im ersten Teil, passen die Fernsehgemälde. Eine farblose Natur begleitet die Aufstiegsgeschichte der Habsburger. Gekämpft wird im nebligen Wald. Es herrscht die triste Poesie des Verschwindens. Maximilian (1459–1519) gilt als „letzter Ritter“. Keiner käme auf die Idee, dass dieser aufbrausende Haudruff (Jannis Niewöhner) ein Weltreich vorbereiten wird, in dem die Sonne nicht untergeht. Die Ritterseele muss sich ändern. Geldwirtschaft, imperiale Vernetzung und die Entdeckung der Zukunftsplanung fordern ihr Recht.

Ein erster Schritt ist getan: Karl der Kühne und Maximilians Vater Friedrich III. (Tobias Moretti) haben vereinbart, dass Maximilian und Maria füreinander bestimmt sind. Das Heiratsmonopoly ist eröffnet: Die Habsburger wohnen verarmt durch den Kauf der deutschen Kaiserwürde in der Badstraße, Maria reich und begehrt in der Schlossallee.

Aber die listigen Österreicher verstehen es, der unnatürlichen Verkuppelungspraxis im Interesse der Macht mit österreichischem Charme zivilisatorische Zügel anzulegen, gute Minne zum bösen Spiel zu machen. Felix Austria entwickelt es in dieser Kunst lange vor „Sissi“zur Meisterschaft. Man blendet, man tut groß und schwer würdig, auch wenn man schlechte Karten hat. Der klamme Kaisersohn und die stolze Herzogin (Christa Théret) müssen das Heiratsbusiness allerdings erst lernen. Maria, untröstlich über den Verlust des Vaters, spielt eine Zeit lang das aristokratische Trotzköpfchen. Ihre gute Stiefmutter aber lehrt sie die wichtigste Technik der nachritterlichen Welt: die Arroganz der hohen Abkunft zielgerichtet einzusetzen. Auf einmal schiebt Théret mit selbstbewusster Unerbittlichkeit durch die Gemächer wie die Pariser Models über den Laufsteg. Elite ist nicht mehr Ritterdienst, sondern Selbstzweck.

Der Vater als Lehrmeister

Der Lehrmeister für Maximilian, den rauflustigen Ritter in sich abzulegen, ist sein Vater Friedrich III. Dem ist es egal, sich vom Sohn als Feigling beschimpfen zu lassen. „Gott gab mir kein Schwert“, sagt er, „aber dafür eine starke Rüstung.“

Dann macht Maximilian eine Schlüsselerfahrung. Wieder erzählen die Bilder. Die Schwester Maximilians soll zwölfjährig an den ungarischen Herrscher vertickt werden. Der zornige Bruder stürzt sich in einen Turnierkampf. Die Kamera beobachtet ihn durch die Sehschlitze in seinem Helm, wie er schwitzt – ein großes Bild für ritterlichen Todesmut und ritterliche Engstirnigkeit gleichermaßen. Maximilian und Maria werden reif füreinander. Der Film entspannt sich, obwohl noch jede Menge Gefahren auf dem Weg zur Eheschließung auftauchen: für Maximilian die Pest, für Maria ein liebesgeiler Schuft.

Die Sonne bescheint jetzt die Szene. Der böse Franzmann wird endgültig besiegt, Maria wird Mutti, man jagt gemeinsam. Die „Wanderhure“ hätte hier abgeblendet. Aber Erstliga-Storytelling muss sich an Fakten halten. Schluchz.

„Maximilian“, ZDF, Sonntag, 22 Uhr, Montag 22 Uhr 15, Dienstag, 22 Uhr

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