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Silke Bodenbender hat sich durch Rollen mit Relevanz einen Namen gemacht. Als Kommissarin Lotte Jäger begibt sie sich in die DDR-Vergangenheit.

© ZDF, Hans-Joachim Pfeiffer

ZDF-Krimireihe "Lotte Jäger": Neue Aufgabe für Silke Bodenbender

Kein Opfer ist je vergessen: Silke Bodenbender rollt als Kommissarin Lotte Jäger in einer ZDF-Krimireihe alte DDR-Fälle neu auf.

Als die Schauspielerin Silke Bodenbender vor zehn Jahren durch Dieter Wedels Scheidungsdrama „Mama und Papa“ schlagartig bekannt wurde, war die gebürtige Bonnerin fortan festgelegt: auf „bodenständige Kämpferinnen aus einfachen Verhältnissen, die für ein großes Ziel kämpfen“, wie sie diese Rollen in einem Interview beschrieben hat. Zu Beginn ihrer Karriere wollte sie unbedingt verhindern, in der Schublade mit den niedlichen Blondinen zu landen; deshalb lehnte sie konsequent alle Angebote „als nettes Mädchen von nebenan“ ab. Stattdessen bevorzugte sie Produktionen mit Relevanz und wurde nun dank „Bis nichts mehr bleibt“ oder „Erlkönig“ prompt in die Schublade „Filme mit politischer Aussage“ gesteckt. Also vollzog sie einen fast tollkühn anmutenden Schwenk, verzichtete auf preisverdächtige Rollen und setzte auf reine Unterhaltung wie „Die Stunde des Wolfes“ oder „Weihnachtsengel küsst man nicht“. „Lotte Jäger“ ist ein guter Kompromiss.

Sie kann keine Leichen mehr sehen

Die Titelheldin in der neuen ZDF-Krimireihe ist eine Potsdamer LKA-Kommissarin, die nach zwölf Jahren Mordkommission keine Leichen mehr sehen kann und sich nun als Sonderermittlerin um „kalte Fälle“ kümmert: ungeklärte Morddelikte, die irgendwann zu den Akten gelegt worden sind. Das Reihenpotenzial dieser von Autor Rolf Basedow entwickelten Figur ist offensichtlich. Tatsächlich ist ein weiterer Film bereits in Planung.

Jägers erster Fall führt sie zum Haus Hubertusstock. Das Anwesen wurde von der SED genutzt, um prominente ausländische Gäste zum Schuss kommen zu lassen; tagsüber im Wald, an den feuchtfröhlichen Abenden hinter verschlossenen Türen. Basedow, Koautor Ralf Zöller und Regisseurin Sherry Hormann beginnen den Film mit einem Wechselbad: Auf die sehr entspannte Einführung der Hauptfigur folgt eine clever montierte Rückblende ins Jahr 1988, die nahelegt, eine junge Frau werde von Jägern durch den Wald gehetzt.

Ein Schnitt führt die Geschichte zurück in die Gegenwart und zu einer zufälligen Begegnung, die die beiden Handlungsebenen miteinander verknüpft und Lotte Jäger überhaupt erst ermitteln lässt. Die Sequenz wirkt gerade dank der treibenden Musik von Fabian Römer ungeheuer dynamisch und packend, doch der Eindruck täuscht: Hormann nutzt die Thriller-Elemente nur zum Auftakt; fortan ist „Lotte Jäger und das tote Mädchen“ ein ruhig und sachlich erzählter Film, in dem die Heldin nacheinander alle Beteiligten aufsucht. An der Qualität der Geschichte ändert das nichts: Die junge Frau aus dem Prolog ist damals erschlagen im Wald gefunden worden; ihr Freund musste ins Gefängnis.

Der Reiz der Handlung liegt einerseits in der Verknüpfung von Gegenwart und Vergangenheit, andererseits natürlich in der Frage, was damals wirklich passiert ist und welche Rolle die verschiedenen Beteiligten gespielt haben.

Zu den Pluspunkten des Films gehört neben den gut ausgewählten Schauspielern auch der Drehort: Weite Teile der Handlung sind an den Originalschauplätzen entstanden. Ein gewisser Kitzel soll vermutlich auch durch die leicht kolportageartig wirkende Rekonstruktion eines typischen Bonzenfests entstehen. Tatsächlich jedoch werden diese Szenen ganz von Isolda Dychauk dominiert. Schon mit der ersten Rückblende setzt Hormann ein entsprechendes Zeichen, als die Schauspielerin beim Lauf durch den Wald mit roter Lockenpracht und blauem Kleid von Regie und Kamera (Hanno Lentz) perfekt eingeführt wird. Umso erschütternder ist kurz darauf die Erkenntnis, dass die junge Birgit in der Nacht nach der Jagd ums Leben gekommen ist. Im Verlauf ihrer Nachforschungen rekonstruiert Jäger die Ereignisse und enthüllt Schicht um Schicht sämtliche Vertuschungsversuche, bis sie schließlich zur verblüffenden Wahrheit vorstößt.

Viele Frische, Neugier, Lebensfreude

Nach dem flotten Prolog wechselt der Film zwar deutlich den Aggregatzustand und wandelt sich zum klassischen Krimi, aber dank Bodenbender, die die Ermittlerin mit viel Frische, Neugier und Lebensfreude versieht, bleibt der Krimi sehenswert, auch wenn es etwas überflüssig ist, dass sich die Heldin zwischendurch über ihren Mann ärgert, als der mit einer anderen flirtet. Ungleich irritierender ist allerdings Hormanns Verzicht darauf, Anna Maria Mühe als Freundin des Opfers altern zu lassen: Der Zahn der Zeit hat ihr die Haare gekürzt, ansonsten sind die 27 Jahre spurlos an ihr vorübergegangen.

„Lotte Jäger und das tote Mädchen“, ZDF, Montag, 20 Uhr 15

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