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ZDF-Moderatorin Hilke Petersen: "Ich hab das alles nicht gewollt"

Hilke Petersen moderiert jetzt "Frontal 21". Ein Gespräch über Rotlicht, Ironie und abgelenkte Zuschauer.

Frau Petersen, Ihr Chefredakteur Herr Brender preist Sie als „unabhängig, fair und kritisch“. Hat er recht?



Ja. Ich bin eine unabhängige Journalistin. Ich versuche abzubilden und zu analysieren, was ich sehe und erfahre. Ich bin zu 100 Prozent unabhängig, das kann ich über mich sagen.

Und fair?

Fair sein heißt, alle Seiten zu Wort kommen zu lassen und dem eine Chance zu geben, gegen den ein Vorwurf erhoben wird. Und zu versuchen, alle Beteiligten mit ihren Positionen zu berücksichtigen. Insofern bin ich auch fair.

Der Zuschauer, also wir, haben es aber auch ganz gerne, wenn es mal ein bisschen unfair wird. Wir finden das sexy.

Mit dem Wunsch sind Sie bei uns im falschen Programm. Im Magazinjournalismus kann ich mit dem Wort sexy gleich unfair nicht viel anfangen. Tut mir leid.

Es heißt, wer zum Fernsehen geht, der will auch irgendwann vor die Kamera. Was drängt Sie vor die Kamera?

Heißt es so? Ich muss Ihnen sagen, mich hat es nicht gedrängt. Und ich wollte es auch nicht schon immer. Ich brauche das Rotlicht nicht, ich kann auch ohne. Aber ich habe es immer gemocht, als Reporterin live zu berichten, das ja.

Ist der neue Job eine große Herausforderung für Sie?

Aber sicher. Eine Herausforderung deshalb, weil es häufig darum geht, komplexe Sachverhalte zu erklären. Und das ist gerade im Medium Fernsehen unheimlich schwer. Verständlichkeit ist aber im Fernsehen oberstes Gebot. Wenn die Leute nicht mehr mitkommen, dann schalten sie weg, so einfach ist das.

Und als Zugabe werden Sie auch noch Fernsehstar.

Es geht mir um journalistische Kompetenz und um nichts anderes. Mit Glamour und all dem habe ich nichts am Hut. Wenn Sie von Star und Glamour sprechen, dann reden wir nicht über „Frontal 21“. Diese Kategorien haben mit diesem Magazin nichts zu tun.

War Ihr Vorgänger, Herr Koll, nicht so etwas wie ein Star?

Theo Koll hat die Sendung zusammen mit Redaktionsleiter Claus Richter gegründet und fast acht Jahre lang hervorragend gemacht. So ist er zum Markenzeichen von „Frontal 21“ geworden.

„Frontal 21“ versteht sich als zeitkritisches Magazin. Werden Sie uns auch mal mit Ironie erfreuen oder ist durchgängig Eisenbeißen angesagt?

Ein bisschen Ironie kann nicht schaden, da, wo sie hingehört. Aber ich weiß schon, was Sie meinen: dass Ironie im Fernsehen selten verstanden wird. Ich glaube nicht, dass das so stimmt, denn ich habe schon Leute drüber lachen sehen. Sie können hoffen.

Sie moderieren live. Eine gefährliche Sache?

Nicht wirklich. Wenn man gut vorbereitet und angemessen spontan ist, dann lauern wenig Gefahren. Dann sind wir auch gewappnet, wenn Aktuelles passiert und ich darauf reagieren muss.

Ist eine Moderatorin mehr als ein besserer Pausenclown?

Eine gute Moderatorin schafft es, eine Sendung zusammenzuhalten. Ihre Aufgabe ist es, dem Zuschauer möglichst geradeheraus zu sagen, was auf ihn zukommt und es ihm so zu sagen, dass er weiß, dass das Thema ihn angeht, um das es da jetzt gleich gehen wird.

Dürfen wir auf Späßken hoffen?

Eher nicht. Im Zweifel bin ich ein No-nonsense-Mensch.

Streng – aber gerecht?

Streng sein führt direkt zum Abschalten. Also nicht streng. Aber verbindlich. Nur wenn Sie verbindlich sind, also mit der dem Thema angemessenen Emotion moderieren, werden Sie eine Verbindung zum Zuschauer bekommen.

Ist „Frontal 21“ der Mercedes unter den Polit-Magazinen?

Für mich ist es das beste politische Magazin, das es im deutschen Fernsehen gibt.

Was kann „Frontal 21“, was die anderen Magazine nicht können?

Unser großer Vorteil ist erst mal, dass wir in der Regel wöchentlich senden. Jeden Dienstag immerhin 45 Minuten. Und wir versuchen, die richtige Mischung aus hintergründigen Themen zu bieten und solchen, die mit dem aktuellen Geschehen zu tun haben. Weil die Redaktion aus erfahrenen Autoren besteht, ist es auch immer wieder gelungen, Geschichten aufzudecken. Und dann haben wir natürlich unsere „Toll“-Satire.

Welche Wirkung haben Sie auf die Lage draußen?

Glauben wir daran, dass politische Magazine eine unmittelbare Wirkung haben? Hat „Frontal 21“ eine Auswirkung auf praktische Politik? Nein, hat es nicht. Nicht selten allerdings bringen wir etwas in Bewegung bei den Dingen, den Missständen, über die wir berichtet haben. Gut sind wir dann, wenn wir zumindest kritisches Bewusstsein oder Argwohn wecken können. Das wäre im Sinne des Erfinders.

Lassen sich die Menschen noch aus dem Sessel hochbringen?

Wir müssen damit leben, dass das Publikum auch solche Fernsehprogramme sehr entspannt zur Kenntnis nimmt. Irgendwer geht immer raus und holt sich ein Bier aus dem Kühlschrank. Der Zuschauer ist fast immer abgelenkt, das wissen wir aus vielen Studien. Trotzdem werden Sie bei uns keine Fälle von Alarmismus oder Sensationshascherei erleben. Damit kommen wir nicht weiter.

Nichts Missionarisches?

Wir sind weder Weltanschauungsagentur noch moralische Anstalt.

Was werden Sie morgen tragen? Ein kleines Schwarzes?

In meinem Alltag trage ich häufig Schwarz, im Fernsehen aber soll das nicht so gut sein. Deshalb wird es wohl etwas weniger Schwarzes werden.

Das Interview führten Thomas Eckert und Joachim Huber.


BIOGRAFIE

Hilke Petersen, geboren 1967 in Lüneburg, hat ihr Studium der Germanistik, Kunstgeschichte und Rechtswissenschaft an der FU Berlin abgeschlossen. Nach freier Mitarbeit für verschiedene ARD-Sender absolvierte sie ein Volontariat beim SFB und wurde 1996 festangestellt. Sie arbeitete als Schlussredakteurin für die „Abendschau“, als Autorin, Live-Reporterin und Moderatorin. 2001 dann der Wechsel in die „heute“-Redaktion zum ZDF in Mainz, ein Jahr später Chefin vom Dienst und Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio. Künftig arbeitet Hilke Petersen als Moderatorin und stellvertretende Redaktionsleiterin des ZDF-Magazins „Frontal 21“.

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