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Besser zu zweit allein. Freya Becker (Iris Berben) hat außer zu ihrem Bruder Jo (Moritz Bleibtreu) kaum Kontakt zu anderen Menschen.

© ZDF und Alexander Fischerkoesen

ZDF-Serie "Die Protokollantin": Was Verbrechen mit einem machen

Iris Berben spielt in der ZDF-Serie „Die Protokollantin“ in einem Morddezernat - und zeigt, welcher Tribut von Freya Becker verlangt wird.

Zwei Stunden dauert es, bis die Maskenbildnerin die schöne Iris Berben in eine unauffällige und als schüchtern charakterisierte Frau namens Freya Becker verwandelt hat. Schüchtern und unauffällig sieht man Iris Berben höchst selten im deutschen Fernsehen, meistens spielt sie attraktive, toughe Frauen, die wissen, wie der Hase und andere zu laufen haben. Mit „Die Protokollantin“ hat Drehbuchautorin und Regisseurin Nina Grosse der 56-Jährigen mal eine ganz andere Rolle aufgeschrieben: Die einer einsamen, zurückgezogen lebenden Frau, deren 18-jährige Tochter vor elf Jahren spurlos verschwunden ist und die bis auf ihren Bruder Jo Jacobi (Moritz Bleibtreu) kaum Kontakt zur Außenwelt hat. Freya Becker gehört zu einer bisher in der deutschen Krimilandschaft komplett vernachlässigten Berufsgruppe: Sie arbeitet als sogenannte „Protokollantin“ in einem Morddezernat, wo sie Tag für Tag die Vernehmungen von Kapitalverbrechen mitschreibt. Im realen Leben heißen diese Leute schlicht Schreibkräfte, was sich als Titel für eine Fernsehserie sehr wahrscheinlich nicht so gut macht.

Die Rolle habe sie sofort fasziniert, erzählt Iris Berben bei einem Pressetermin am Rande der Dreharbeiten, die noch bis Mitte August in Berlin stattfinden. „Mich hat vor allem das Innenleben dieser Frau gereizt, die Frage, was mit Menschen passiert, die jeden Tag mit den abscheulichsten Verbrechen, Lügen und Abgründen zu tun haben.“ Hinzu kam, dass sie „lange nicht mehr solche hervorragenden Drehbücher" gelesen habe, in denen die Figuren derart genau und tiefgründig erfasst worden seien. Iris Berben hat vor allem interessiert, „was diese tägliche, jahrelange Konfrontation mit Verbrechen mit einem Menschen macht. Wie es ihn innerlich verändert“, sagt sie. Welcher Tribut eines Tages gefordert wird. Als Vorbereitung habe sie stapelweise Reportagen und Berichte von Straftaten aller Art gelesen. „Jetzt denke ich nicht mehr nur an die Opfer, sondern auch an die, die sich tagein, tagaus damit beschäftigen müssen.“

Produzent der Serie, die 2018 im ZDF ausgestrahlt werden soll, ist Berbens Sohn Oliver, der mit seiner Firma Moovie seit Jahren zu den erfolgreichsten Produzenten Deutschlands gehört („Schuld“, „Verbrechen“, „In Zeiten des abnehmenden Lichts“). Oliver Berben ist es auch gelungen, nach „Schuld“ erneut Moritz Bleibtreu für eine Fernsehrolle zu gewinnen. Jo Jacobi sei eine Figur, wie er sie länger nicht gespielt habe, sagt Bleibtreu. „Ein schwacher, gebrochener Mensch, der versucht, an seinem kleinen Glück festzuhalten, obwohl er es eigentlich schon aufgegeben hat. Eine labile Figur, die in erster Linie für andere lebt.“

Eine erste Idee zu „Die Protokollantin“ ist schon vor Jahren im Gespräch mit dem Schriftsteller Friedrich Ani entstanden. Vor vier Jahren gab Oliver Berben dann Nina Grosse den Auftrag, die Drehbücher zu entwickeln, „ohne Vorgabe, aber auch ohne Idee, wo man das mal platziert“, erzählt er. Das war zwar ein Risiko, aber er wollte Grosse den Raum geben, die Geschichte ohne Einmischung eines Senders und Sendeplatzvorgaben zu entwickeln, um dann „durch das Buch zu überzeugen“. Denn „Die Protokollantin“ ist eine horizontal erzählte Serie, also ohne in sich abgeschlossene Episoden, im Prinzip ein einziger, 300-minütiger Film, was im deutschen TV noch immer etwas Besonderes ist. Gezeigt wird das Drama im ZDF, irgendwann im kommenden Jahr an fünf aufeinanderfolgenden Samstagen um 21 Uhr 45.Sabine Sasse

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