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Medien: Zu Gnaden, ARD-Vorsitzender

Herr Wendland, worüber haben Sie sich in dieser Woche in den Medien am meisten geärgert? Über die Absegnung der Absetzung des Sportreporters Hajo Seppelt durch die Intendanten der ARD.

Herr Wendland, worüber haben Sie sich in dieser Woche in den Medien am meisten geärgert?

Über die Absegnung der Absetzung des Sportreporters Hajo Seppelt durch die Intendanten der ARD. Er darf jetzt fallweise in Sachen Doping ran. Und den Sportkoordinator Hagen Boßdorf, der dies wohl initiiert hat, wird man dann nach dem Sommer in seinem Amt bestätigen, wenn weiteres Gras über seine Stasi-Verstrickung und Doping-Abwiegelei als Radreporter gewachsen ist. So funktioniert auch im Senderverbund ungerührt ein Machtgefüge. Am meisten geärgert hat mich aber jetzt das „Wie“: Wie der ARD-Vorsitzende Gruber meinte, alle Kritiker an diesem Skandal abbügeln zu müssen. „Solche Einmischungsversuche sind überflüssig wie ein Kropf und deshalb wenig zielführend“, tönte es in mediokrer Arroganz. Klar, dass man in der ersten Reihe ungestört zur Fußball-WM die üppigen Sportrechte genießen möchte und den immer engeren Doppelpass zwischen Fernsehsport und Sportvermarktung gerne in den eigenen Reihen hält. Aber je problematischer das wird in einem nahezu ungehemmten Imagetransfer vom journalistisch unabhängigen Vermittler zum Veranstalter, ja in die Werbung, je weniger die ARD ernsthaft darüber in sich geht, ob und wie sie zu sehr der Ware Sport huldigt, desto mehr ist kritische Öffentlichkeit gefragt. Das wird, halten zu Gnaden, Herr ARD-Vorsitzender, hoffentlich anhalten. Das ist keine Moralapostelei, sondern betrifft, wenn solche Personalentscheidungen infrage stehen, den wahren Preis der Unabhängigkeit, nämlich irgendwann auch die Legitimation für die Rundfunkgebühr. Dass die ARD nach außen dazu selbstkritischer auftreten könnte, ist nach der Spitzen-Äußerung ihres Vorsitzenden nicht zu befürchten.

Gab es auch etwas, worüber Sie sich freuen konnten?

Dass bei der Fußball-WM die Kombination Fernsehbild (stummgeschaltet) und Radioreportage für den Fußballfreund einen attraktiven Mehrwert verspricht.

Jens Wendland lehrt an der Universität der Künste Berlin und der Lomonossow-Universität Moskau. Davor war er Hörfunkdirektor des Sender Freies Berlin.

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