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Zu PAPIER gebracht: Der Netz-Pate

Stellen Sie sich bitte Telekom-Chef René Obermann als gealterten Marlon Brando vor, mit der heiseren Stimme von „Don Corleone“, dem Paten aus „Der Pate“: „Du hast einen wunderschönen Web-Service“, raunt Obermann einem Start-up-Unternehmer zu, „es wäre doch schade, wenn niemand mehr deinen Service besuchen würde.“ Dem jungen Unternehmer wird angst und bange: „Ja, mein Pate“, sagt er leise, „ich werde natürlich an die Familie zahlen“.

Stellen Sie sich bitte Telekom-Chef René Obermann als gealterten Marlon Brando vor, mit der heiseren Stimme von „Don Corleone“, dem Paten aus „Der Pate“: „Du hast einen wunderschönen Web-Service“, raunt Obermann einem Start-up-Unternehmer zu, „es wäre doch schade, wenn niemand mehr deinen Service besuchen würde.“ Dem jungen Unternehmer wird angst und bange: „Ja, mein Pate“, sagt er leise, „ich werde natürlich an die Familie zahlen“.

Weit hergeholt? Nö. Die Datendrossel-Pläne der Telekom sind zurecht schon von vielen Seiten und auf vielfache Art kritisiert worden. Ein Aspekt, der dabei meist übersehen wird: Aus der Position von Dienste-Anbietern verwandelt sich die Telekom in eine ausgewachsene Schutzgeld-Erpresserei. Wer im Geschäft bleiben will, muss mit der Familie desPaten einen Vertrag abschließen. Und diese Familie heißt Telekom.

Werden die Pläne der Telekom Realität, wird nicht nur die Flatrate abgeschafft und durch ein maximal zu verbrauchendes Datenvolumen ersetzt, es wird für den Internet-Nutzer künftig obendrein zwei Sorten Web-Services geben. Zum einen die „einfachen Dienste“, die keinen Extra-Vertrag mit dem T-Paten abgeschlossen haben. Ihr Datenverkehr geht zu Lasten des Datenvolumens der Telekom-Kunden. Die Telekom subtrahiert gnadenlos jedes Musikstück, jedes angeschaute Video, jedes heruntergeladene Software-Update, sogar jedes Foto und jede Webseite vom Datenguthaben ihrer Kunden. Für datenintensive Dienste, etwa Video-Streaming-Services, ist das fatal: Surfer werden sich dreimal überlegen, ob sie ihr kostbares Volumen mit diesen Diensten abschmelzen. Lieber werden sie wohl zu der anderen Sorte Internet-Dienste wechseln, den „managed services“. Die Telekom hat angekündigt, mit jedem Webdienstanbieter, der das wünscht, über gesonderte Verträge zu verhandeln. Die Vertragspartner würden dann vom Volumen ausgenommen. Man könnte es auch „Schutzgelderpressung“ nennen.

Die Telekom beerdigt damit das evolutionäre Web wie wir es kennen, der T-Pate zerstört die Biosphäre, in der sich der beste Dienst, die nutzerfreundlichste Website und die pfiffigste Idee durchsetzt, wo Hobby-Projekte zu Mega-Erfolgen werden können und langweilige Großportale von Konzernen zu Geisterstätten, dort, wo alle Anbieter die gleichen Chancen haben. Die Telekom will diesen Lebensraum in einen Hybrid aus Feudalismus und Planwirtschaft verwandeln. In Zukunft werden eben nicht mehr die cleveren und smarten Dienste eine Chance haben, sondern jene, die an den T-Paten Geldabgaben entrichten. Start-Ups, Spaß-Projekte und Non-Profit-Dienste, hätten künftig keine Chance.

Stellen Sie sich jetzt bitte nochmal René Obermann als Don Corleone vor. Weit hergeholt?

Mario Sixtus ist Filmer und Blogger.

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