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Virtuelles Vergnügen. Die „Minecraft“-Welt, die sich auf der Leinwand vor dem Spieler aufbaut, ist nur durch die Hololens-Brille von Microsoft sichtbar.

© dpa

Zu PAPIER gebracht: In Wirklichkeit aus Pappe

"Hololens" holt beim Daddeln die dritte Dimension dazu. Ob das die Gesundheit der damit spielenden Kinder gefährdet?

Das Internet sprengt seine Grenzen. Längst gibt es kein zeitliches Limit mehr für die Haltbarkeit von Texten, Bildern oder Verbindungsdaten: Worte und Bilder bleiben gespeichert bis zum Ende aller Server. Jetzt holt das Netz seine Benutzer in sich hinein: Die „Hololens“, eine Brille von Microsoft, erschließt Minecraft-Spielern die dritte Dimension, die Tiefe des Raums in den Lego-artigen Welten, die sie sich am Rechner bauen.

Die Minecraft-Welten mögen kantig sein – die Millionen leidenschaftlicher Weltenbauer fast jeden Alters werden sich in der scheinbar dreidimensionalen Tiefe ihrer Räume noch leichter verlieren, als sie es jetzt, in zwei Dimensionen, schon tun. Selbstverständlich soll die „Hololens“ auch bald andere, scheinbar kriegerische Welten erschließen. Das Netz wird zum virtuellen Raum – und damit der analogen und linearen Wirklichkeit noch ähnlicher: faszinierend. Und befremdlich.

Werner van Bebber
Werner van Bebber

© Kai-Uew Heinrich

Faszinierend sind die Optiken, womöglich auch die, die man mit anderen Programmen selbst schafft: komplett künstliche Welten. Befremdlich sind die Nebenwirkungen der optischen Aufrüstung des Internets. Wer Kindern oder Jugendlichen beim Daddeln zusieht, bemerkt eine seltsame Verbindung von Spannung und Schlaffheit. Die schlaffe Haltung vor dem Geschehen auf dem Schirm stellt so etwas wie einen Energiesparmodus dar: So kann man stundenlang spielen, ohne etwas zu trinken oder zu essen – ohne dass einem irgendetwas zu fehlen scheint. Erwachsene verfallen ähnlich.

Doch müssen analoge Menschenkörper versorgt werden, auch wenn sie in den Tiefen des Netzes dazu neigen, dies zu vergessen. Das wiederum haben sie in der Zukunftsschmiede von Apple erkannt. Eine Funktion der smarten neuen Uhr aus dem Silicon Valley besteht laut Apple-Chef Tim Cook darin, den Menschen daran zu erinnern, dass er sich einmal in der Stunde für Minuten vom Stuhl erheben und die Beine bewegen soll. Sitzungen mit Tim Cook sind vermutlich so spannend, dass man den Drang, sich gelegentlich zu bewegen, darüber komplett vergisst – oder wie kommt man darauf, dass man ein Gerät braucht, um nicht endlos zu sitzen? Wenn man nun mit der Hololens auch noch der Illusion erliegen kann, sich zu bewegen, ohne sich wirklich zu bewegen, beweist das mal wieder die gesundheitsgefährdende Wirkung des Netzes. So lange sich aber Kinder an Karneval als Minecraft-Klötze verkleiden und in Pappkartons durch die Gegend toben, gibt es noch Grund zur Hoffnung.

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