zum Hauptinhalt
Foto: dpa

© dpa

Zum fünften Jahrestag: Mohammed spaltet

Meinungsfreiheit oder Dämonisierung? Dänemark streitet über erneut veröffentlichte Karikaturen.

„Ich mag jetzt die Mohammed-Zeichnungen nicht mehr diskutieren, für mich ist Schluss“, meint „Jyllands-Postens“-Kulturchef Flemming Rose zum fünften Jahrestag der weltweit umstrittenen und umkämpften Veröffentlichung von zwölf Karikaturen. Genau an diesem Tag, am 30. September, publizierte er in seinem neuen Buch „Tyrannei des Schweigens“ alle zwölf noch einmal.

Dänemarks Außenministerin Lene Espersen wies Forderungen aus arabischen Ländern nach einem Verbot des Buches zurück: „Wir haben Meinungsfreiheit.“ Aber sie traf sich auch sehr schnell zum Dialog mit arabischen Botschaftern, damit es auf keinen Fall eine Wiederholung der wüsten Proteste mit Stürmungen dänischer Botschaften, Flaggenverbrennungen und alles in allem 150 Toten geben kann.

Seit diesen Protesten, die überhaupt erst mit vier Monaten Verzögerung in Gang kamen, haben die Mohammed-Karikaturen Dänemarks ohnehin hartes politisches Klima entscheidend mitgeprägt. Die Fronten zwischen kompromisslosen „Verteidigern der Meinungsfreiheit“ und multikulturellen Anwälten eines Dialogs ohne Hohn und Spott sind, wo das überhaupt möglich war, noch härter geworden.

Mordanschläge gegen den durch seine Mohammed-Zeichnung berühmt gewordenen Karikaturisten Kurt Westergaard und immer umfassendere Sicherheitsmaßnahmen rund um die rechtsliberale Zeitung „Jyllands-Posten“ haben das Klima alles andere als entspannter werden lassen.

„Wir haben leider unendlich wenig aus diesem Konflikt gelernt. Die Meinungsfreiheit ist bei uns zu einer fanatischen Religion erhoben worden“, meinte am Donnerstag die Schriftstellerin Janne Teller (auf deutschen Bestsellerlisten mit „Nichts“) in „Politiken“. Dabei sei es bei den Karikaturen um die „bewusste Dämonisierung“ von Muslimen als einer ohnehin schwachen, kleinen Minderheit in Dänemark gegangen.

„Jyllands-Posten“ selbst befand zum fünften Jahrestag: „Die Veröffentlichung der zwölf Zeichnungen hat dazu beigetragen, den aktuellen Zustand der Welt zu verdeutlichen, in der wir leben.“ Die Verfasser des Leitartikels mögen dabei auch an die Ehrung Westergaards durch Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Verleihung des Medienpreises M100 Anfang September in Potsdam gedacht haben.

Die Kanzlerin rühmte dessen Mut bei der Verteidigung der Meinungsfreiheit. Als die Protestwelle gegen die Karikaturen Anfang 2006 in Gang kam, waren sich die Politiker in Berlin noch weitgehend einig in ihrer Verurteilung von „Jyllands-Postens“ publizistischer Aktion gegen das islamische Abbildungsverbot für den Propheten. Thomas Borchert (dpa)

Thomas Borchert

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false