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Fernsehwerbung soll endlich leiser werden.

© dpa / picture alliance

Zur Funkausstellung: Das Fernsehen dreht die Werbung leiser

Von wegen „Perle der Natur“. Auch TV-Werbung soll künftig nicht mehr lauter sein als das normale Programm. Selbst die Werbeindustrie begrüßt das Vorhaben.

Es ist zum Davonlaufen, fast wie Fluglärm: Kaum ist das Fußballspiel oder der „Tatort“ im Fernsehen zu Ende, kommt es, mit der „Perle der Natur“ beispielsweise, zum großen Rauschangriff. Warum Fernsehwerbung – wie diese für Bier – immer deutlich lauter ist als das umgebende Programm, gehört zu den großen Geheimnissen der Fernsehgeschichte. Ab Freitag soll es damit vorbei sein: Die Sender wollen die Lautstärke im Fernsehen angleichen. Auch TV-Werbung soll künftig nicht mehr lauter sein als das normale Programm. Öffentlich-rechtliche und private TV-Veranstalter hätten sich auf eine einheitliche Lautstärke für ihre Programme geeinigt, teilten ARD, ZDF und die Privatsender am Montag mit. Von Freitag an sollen Lautstärkesprünge zwischen einzelnen Sendern sehr viel seltener sein, auch Unterschiede zwischen Werbespots oder Trailern und dem Programm verringert werden.

Seit Anfang des Jahres haben die Anstalten und die Werbetreibenden Vorbereitungen getroffen, um die sogenannte Lautheitsnormierung einzuführen. Mit dem Start der Funkausstellung IFA am Freitag in Berlin sollen die Programme harmonisiert werden. ZDF-Produktionsdirektor Andreas Bereczky sagte, das neue Aussteuerungsverfahren schaffe einen Mehrwert für die Zuschauer. „Programmübergänge werden sowohl senderintern als auch senderübergreifend harmonischer.“ Der Leiter Medientechnologie des Privatsenderverbands VPRT, Sebastian Artymiak, bezeichnete die Anpassung als wichtigen Schritt für die „senderübergreifende Optimierung“.

Die sogenannte Lautheitsnormierung geht zurück auf eine neue internationale Empfehlung der Europäischen Rundfunkunion (EBU), ein Zusammenschluss von 74 Sendern. Danach soll künftig bei Tonmischungen im Fernsehen nicht mehr der absolute Spitzenpegel in Dezibel entscheidend sein, sondern ein durchschnittlicher Lautheitswert, der in Loudness Units (LU) gemessen wird. Auf bestimmte Einschränkungen muss sich der Zuschauer dennoch einstellen: „Die bewusst dramaturgisch eingesetzte Klangdynamik innerhalb eines Sendebeitrags oder eines Werbespots bleibt als elementares Gestaltungsmerkmal davon allerdings unberührt“, hieß es bei der ARD. Auch künftig wird also nicht alles gleich laut klingen.

Noch vor Jahren hatte es stets geheißen, diese Lautstärkenunterschiede seien unvermeidlich. Werbeagenturen und Sender haben sich gegenseitig den schwarzen Peter zugeschoben. Für die ausgestrahlte Lautstärke der Spots seien einzig die TV-Sender selber verantwortlich, hieß es immer wieder von Seiten der Werber. Gegen die gängige Komprimierung der Spots mit der starken Dynamik, die eben als schrill-laut über den Bildschirm komme, könne man nichts machen, sagten die Sender. Was beim Zuschauer haften blieb, war der Verdacht, dass hier möglichst stark auf Werbung aufmerksam gemacht werden soll. Wo es doch schon Video- und digitale Festplattenrekorder möglich machen, Werbung einfach wegzuschneiden, abzuschalten. Viele Beschwerdebriefe. Von Fernsehverschwörung war gar die Rede.

Jetzt werde die Ausgleichsmaßnahme von der Werbeindustrie ausdrücklich begrüßt, sagt ein ARD-Sprecher. Niemand rechne mit negativen Auswirkungen auf die Werbeumsätze, denn mit diesen Maßnahmen mache sich das Fernsehen letztlich noch attraktiver für das Publikum. Das hätte auch früher einfallen können.

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