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Medien: Zwei gegen Schröder

Die Ministerpräsidenten Gabriel und Koch wollten sich bei „Christiansen“ nicht streiten

Bald hat das Warten ein Ende. Dann wird Schröder regieren wie verrückt. Nach den Landtagswahlen am 2. Februar nämlich. Vorher konnte er nicht, wegen Gabriel und der Gewerkschaften, wegen Hessen, Niedersachsen und wegen des Bundesrats – das macht es einem Kanzler ja auch richtig schwer! Aber bei „Sabine Christiansen“ am Sonntagabend haben wir gelernt, dass es für Schröder ohnehin keine Rolle spielt, wie es am 2. Februar ausgeht – denn jetzt wissen wir, wie und von wem wir in Zukunft ganz prima regiert werden: von einer informellen großen Koalition.

Wenn die CDU Hessen wiederkriegt und wenn Niedersachsen an diese Partei „fällt“ (offensichtlich geht’s doch immer um Eroberungskriege!), dann kann Schröder endlich, wie er eigentlich will. Dann kann er den Gewerkschaften sagen: Leute, das kriege ich nicht durch, ich will und würde ja gerne – aber die Schwarzen, die werden das nicht mitmachen. Dann wird er tun, was er für richtig hält, und so wird’s eine parteiübergreifendeLust am Reformieren geben, dass uns allen die Augen übergehen.

Bei „Christiansen“ war ein merkwürdiges Phänomen zu beobachten. Da saßen zwei Ministerpräsidenten, bei denen es am nächsten Sonntag zum Schwur kommt. Keiner von beiden kämpferisch – artig saßen sie zur Linken und Rechten von Sabine Christiansen. Der eine etwas müde, aber des Sieges sicher, der andere matt angesichts einer drohenden Niederlage. Bei Koch fragt sich eben nur, bei wie viel Prozent er den Champagner aufmacht. Sabine Christiansen hat ihn schon mal schnell zu Beginn der Sendung geadelt: „Ministerpräsident von Koch“. Da hat er ein bisschen geguckt, der Koch, aber protestiert hat er nicht. Ein Kronprinz ist doch von Adel, oder? Der Gabriel war ja schon geschlagen, defensiv, saß breitbeinig auf seinem Stuhl, sympathisch, aber ohne Feuer. Und sein Nicken zu Kochs Ausführungen hatte was von diesen Wackelhunden hinten im Rückfenster.

Es war eine eigenartige Veranstaltung. Eigentlich sollte ein Duell stattfinden, sozusagen ein Nachklapp zum K.u.K.-Modell (Kanzler und Kandidat): Koch gegen Gabriel und Gabriel gegen Koch. Man hätte es gerne ein bisschen engagierter gehabt, und Christiansen tat auch alles, um die Herren in Stellung zu bringen – mit großer Geste und kleinen, schnippisch wirkenden Fragen. Das klappte nur bedingt. Denn die beiden waren sich in einem Punkt merkwürdig einig: in der Kritik an der Bundesregierung.

Der Koch trat also an gegen Gabriel und gegen die Bundesregierung. Und der Gabriel trat an gegen Koch und auch gegen die Bundesregierung. Die viel beschriebene Annäherung der großen Parteien – das war der fleischgewordene Beleg dafür.

Insgesamt hat Koch nach Punkten klar gewonnen. Er war der Erklärer, mit praktischen Beispielen und einfachen Geschichten, Gabriel der Moralist, der nimmermüde und abstrakt die Ehrlichkeit für die SPD reklamierte.

Zwanzig Minuten hatten wir Irak. Taktik und Strategie – beide Seiten, wie ihre Parteien, nicht überzeugend, beide ohne klare Antwort für den Ernstfall. Die CDU gibt sich französisch und will nicht heraus mit der Sprache, ob sie denn bereit ist, deutsche Soldaten zu schicken. Und was macht die Regierung, wenn Saddam die letzte Chance nicht nutzt? Also: Nichts Neues an der Irakfront.

Dann hatten wir die nächsten vierzig Minuten mit den Lohnzettelfragen: Steuererhöhungen, Wachstum oder nicht, wer kriegt es hin, und wie ist es mit der Arbeitslosigkeit, mit der Reform der Sozialsysteme, dem Sparen, der Neuverschuldung. Gegen Ende wurde es leicht leidenschaftlich. Koch hatte griffige Beispiele für die Starrheit der Gewerkschaften, denen Gabriel nichts entgegenzusetzen hatte als stetes Nicken. Überhaupt wiederholte der gebetsmühlenartig, dass man nicht gleichzeitig Sparen, mehr Geld ausgeben, reformieren und Wachstum hinkriegen könne. Das machte die Moderatorin leicht ungeduldig, und sehr klar war es auch nicht.

Und zum Schluss die obligate Frage: Was machen Sie, Herr Gabriel, nach einer verlorenen Wahl? Ob der in Niedersachsen bleibt, wissen wir nicht – auf die Oppositionsführung wollte er sich nicht festlegen. Und Koch hat die Frage nach einer Kanzlerkandidatur offen gelassen, obwohl er sich insgesamt bundespolitisch gab: „… wie Herr Schily sagte, … da folge ich dem Kollegen Struck“ – so oder ähnlich. Aber ob er oder Merkel als KanzlerkandidatIn antreten – kein Kommentar.

Was hinten heraus kam: Schröder wird bleiben. Das wussten wir schon. Wenn Niedersachsen schwarz wird, kann die CDU mehr mitreden bei dem, was die SPD so will. Allerdings ohne Herrn Gabriel – denn, so kommentierte Koch süffisant: „Sie gehören ja nicht zur SPD!“

Désirée Bethge

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