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Meinung: ... Luxemburg

Grenzverläufe zu ändern, das ist in Europa meist mit unangenehmen Erinnerungen verbunden. Welches Land verzichtet schon gerne auf ein Stück Territorium?

Grenzverläufe zu ändern, das ist in Europa meist mit unangenehmen Erinnerungen verbunden. Welches Land verzichtet schon gerne auf ein Stück Territorium? Meistens musste viel Blut dafür fließen. Luxemburg und Frankreich machen jetzt vor, wie das ganz friedlich funktioniert. Das Entscheidende dabei: Keiner darf verlieren. Gerade haben die beiden Staaten nämlich ein Abkommen unterzeichnet, das die Verschiebung der französisch-luxemburgischen Grenze besiegelt – ganz freundschaftlich. „Wir brauchten gerade dieses Stück Land für eine Zugangsstraße zu einem Industriegebiet. Deshalb haben wir bei unseren französischen Nachbarn angefragt, ob wir das Land eintauschen können“, erzählt Jean-Claude Meyer vom Luxemburger Außenministerium.

Die Franzosen waren einverstanden. Immerhin bekommen sie für die genau 8,96 Hektar Felder, die bisher in der Gemeinde Russange liegen, genau die gleiche Fläche an einem anderen Ort zurück. Keiner verliert also bei dem Geschäft, und Konfliktpotenzial hat es überhaupt nicht gegeben, sagt der Luxemburger Diplomat.

Es war auch nicht das erste Mal, dass die beiden Länder ihre Grenzen verschoben haben – Meyer weiß nicht genau, wie oft das schon vorgekommen ist, aber „solange beide davon profitieren, gibt es kein Problem“. Auf der ehemaligen Industrie-Brache bei Esch-sur-Alzette, auf der einst Metall verarbeitet wurde, soll jetzt ein Business-Park entstehen. Eine Bank hat sich schon niedergelassen. Jetzt sollen dort die neuen Gebäude der Luxemburger Universität gebaut werden. Auf dem Stück Ex-Frankreich werden Parkplätze angelegt. Auch eine Umgehungsstraße soll dort verlaufen. Anders war das nicht möglich, denn im Norden stößt das Gebiet an Wohnhäuser. Luxemburg musste also ins südlich gelegene Frankreich ausweichen. Die ausgetauschten Flächen werden bisher rein landwirtschaftlich genutzt und gehörten zum größten Teil den beiden Staaten. Das ersparte den Regierungen unangenehme Enteignungen und den Protest der Bürger.

Im Schloss von Senningen unterzeichneten der Luxemburger Außenminister Jean Asselborn und der französische Botschafter Bernard Pottier die Tauschurkunde – unter dem Blitzlichtgewitter der Fotografen. Jetzt müssen nur noch die Parlamente in Luxemburg und Paris zustimmen. Die Einzigen, die sich dann wirklich umstellen müssen, sind die Kartenhersteller. Die müssen die Grenze zwischen Frankreich und Luxemburg nämlich neu einzeichnen.

Ruth Reichstein

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