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Meinung: … Österreich

Zwei Jahre ist es her, dass die katholische Kirche Österreichs von einem Skandal erschüttert wurde. In einem Priesterseminar war es nicht nur zu einer Reihe homoerotischer Begegnungen gekommen, einige der angehenden Geistlichen hatten sich zudem über Kinderporno-Seiten hergemacht und so staatsanwaltliche Ermittlungen ausgelöst.

Zwei Jahre ist es her, dass die katholische Kirche Österreichs von einem Skandal erschüttert wurde. In einem Priesterseminar war es nicht nur zu einer Reihe homoerotischer Begegnungen gekommen, einige der angehenden Geistlichen hatten sich zudem über Kinderporno-Seiten hergemacht und so staatsanwaltliche Ermittlungen ausgelöst. Der Imageschaden war beträchtlich, die Zahl der Kirchenaustritte stieg. Nun reagiert die Kirche: Sie startet eine noch nie da gewesene Werbekampagne. In St. Pölten, wo der Skandal seinen Ausgang nahm, werden peppige Plakate für die junge Zielgruppe aufgehängt. „Mit mir fährst du super“ steht darauf zu lesen, oder: „Fahr vorsichtig! Für ein endgültiges Treffen ist es viel zu früh. Gez. Gott“. Jugendlichen Rasern soll damit wohl der Glaube an den Glauben zurückgebracht werden.

In Wien selbst wandte sich Erzbischof Christoph Schönborn an eine ältere Zielgruppe. Gerade in Großstädten ist der Umgang der Kirche mit den familiär Gescheiterten zu einem enormen Problem geworden. Geschiedene sind ja von den katholischen Sakramenten ausgeschlossen, in den Städten, in denen heute jede zweite Ehe geschieden wird, führt das zwangsläufig zu leeren Gotteshäusern und schütteren Alt-Damen-Prozessionen beim heiligen Sakrament der Kommunion. Schönborn erinnerte nun auffällig unauffällig an die Möglichkeit der katholischen Eheannullierung. Bislang haben von dieser Regelung fast nur christlich-konservative Politiker Gebrauch gemacht – die Familienministerin Maria Rauch-Kallat etwa oder EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner. Schönborn erklärte nun, diese Möglichkeit stünde auch für Otto-Normal-Kirchenbesucher offen, werde aber zu wenig genützt. Dabei wurden von den 64 im Vorjahr in Wien eingegangenen Annullierungsansuchen 60 positiv beschieden.

Auch an einer dritten Front kämpft die katholische Kirche gegen den Mitgliederschwund. In Österreich wird die Kirchensteuer nicht vom Arbeitgeber abgeführt, sondern von den Gläubigen selbst. Entsprechend gering ist die Zahlungsmoral, Zahlungsaufforderungen der Kirchenbeitragsstelle werden ignoriert, und wenn die Kirche das Geld dann nach Jahren eintreiben lässt, treten nicht gerade Tiefgläubige in der Regel aus, um sich der irdischen Gerichtsbarkeit zu entziehen. Säumige Zahler haben deswegen ein finanziell interessantes Angebot in ihrer Post vorgefunden: Wer seinen Beitrag für 2006 bezahlt, dem werden alle bis dahin angelaufenen Kirchensteuerschulden erlassen. So viel Gnade war in Österreichs Kirche seit den Zeiten des Ablasshandels nicht mehr.

Markus Huber

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