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Meinung: 15 Milliarden für Hans Eichel

Was Subventionsabbau zur Sanierung des Haushalts beitragen kann – und was nicht / Von Rolf Peffekoven

Die Steuerschätzung in dieser Woche wird erneut zeigen: Die öffentlichen Haushalte stehen unter enormen Konsolidierungszwängen. Die gesamtstaatliche Defizitquote dürfte auch in diesem Jahr die Höchstgrenze von drei Prozent, die der Stabilitäts und Wachstumspakt erlaubt, deutlich überschreiten. Der notwendige Abbau der Defizite kann nur auf zwei Wegen erreicht werden: über Steuererhöhungen oder über Ausgabenkürzungen. Die erste Alternative scheidet angesichts der Wirtschaftslage aus. Steuererhöhungen, gleich welcher Art, sind Gift für Konjunktur, Wachstum und Beschäftigung.

Bei Ausgabenkürzungen muss es in erster Linie um eine Umstrukturierung gehen: Gekürzt werden sollen vor allem die Ausgaben, die keine oder nur geringe negative Auswirkungen auf Konjunktur, Wachstum und Beschäftigung haben. Dazu zählen – neben den vielen Transferzahlungen an Haushalte und den hohen Ausgaben für die Arbeitsmarktpolitik – vor allem die Subventionen. Sie schalten die Anreiz- und Lenkungsfunktion des Marktes aus, behindern den Strukturwandel und führen so zu Wachstumseinbußen. Zudem werden die mit den Zahlungen beabsichtigten Verhaltensänderungen oft nicht erreicht, sondern nur Mitnahmeeffekte.

Für den Subventionsabbau besteht ein beachtliches Potenzial, zumal wenn man von einem weiten Subventionsbegriff ausgeht, wie ihn etwa wirtschaftswissenschaftliche Forschungsinstitute in der Strukturberichterstattung verwenden. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft hat zum Beispiel für 2001 ein Subventionsvolumen von 156 Milliarden Euro ermittelt. Der Subventionsbericht der Bundesregierung geht dagegen für das gleiche Jahr von nur 58 Milliarden Euro aus.

Unter ökonomischem Gesichtspunkt müsste bei einem Programm für den Abbau der Subventionen jede einzelne Subvention auf den Prüfstand; im Einzelfall wären deren volkswirtschaftliche Schäden zu ermitteln. Dort, wo die Wettbewerbsverzerrungen am stärksten und die Effizienzverluste am größten sind, müsste zunächst und am stärksten gekürzt werden. Dieses Verfahren (selektiver Subventionsabbau) wäre aber politisch schwer durchzusetzen. Die Interessenvertreter werden sich vehement jeder Kürzung der eigenen Unterstützung widersetzen und behaupten, die eigenen Subventionen seien berechtigt, die der anderen dagegen volkswirtschaftlich unvertretbar. An diesem Streit ist in der Vergangenheit so mancher Versuch zur Streichung der Subventionen gescheitert. Jüngstes Beispiel sind die erfolgreichen Bemühungen von Bauwirtschaft und Bausparkassen, die Kürzung der Eigenheimzulage zu vereiteln.

Mehr Erfolg verspricht eine lineare Kürzung der Subventionen, oft „Rasenmähermethode“ genannt. Ein solcher Vorschlag ist bereits 1996 vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung gemacht und später wiederholt worden. Die Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück haben das jüngst aufgegriffen: Beginnend mit dem Jahre 2004 sollen innerhalb von drei Jahren sämtliche Subventionen um 10 Prozent gekürzt werden.

Der detaillierte Plan für eine solche lineare Kürzung der Subventionen soll nach Vorstellungen der beiden Ministerpräsidenten von einer Kommission erarbeitet werden. Das lässt allerdings nichts Gutes erwarten. Nach bisherigen Erfahrungen mit solchen Gremien deutet das eher auf ein Vertagen des Abbaus hin. Zudem: Die „Rasenmähermethode“ lässt keine Ausnahmen zu. Was sollte eine Kommission also leisten? Erforderlich ist dagegen ein mutiger Schritt der Politiker. Das Parlament müsste möglichst bald beschließen, dass sämtliche Subventionen in einem bestimmten Zeitraum linear zurückgeführt werden. Geht man von einem weiten Subventionsbegriff aus, dann könnten bei einer zehnprozentigen Kürzung 15 Milliarden Euro eingespart werden.

Um den gewünschten Konsolidierungseffekt möglichst schnell zu erreichen, aber dennoch die ökonomischen Gesichtspunkte stärker zu beachten, kann man sich einen Kompromiss aus selektiver und linearer Kürzung vorstellen: Alle Subventionen laufen bis zu einem Stichtag (zum Beispiel dem 31.12.2005) aus. Wer darüber hinaus noch Subventionen beanspruchen will, müsste nachweisen, dass die geforderte Unterstützung im gesamtwirtschaftlichen Interesse liegt. Ein solches Verfahren ist in der Schweiz und den USA mit Erfolg praktiziert worden.

Der Autor ist Direktor des Instituts für Finanzwissenschaft der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen. Foto: dpa

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