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Meinung: 90 und kein bisschen Reue

HANS FILBINGERS GEBURTSTAG

Mag die Welt sich drehen, wohin sie will – auf eins ist Verlass: die ungebrochene Freiburger Empörungsbereitschaft. „Wir sind anders“, sagen sie da unten im Südwesten gern und noch lieber sagen sie nein. Dass sie den 90. Geburtstag ihres Mitbürgers Hans Filbinger mit einem Festakt begehen sollen, das jedenfalls kommt nicht in die Tüte. Gilt er dem liberalen Freiburger Bürgertum doch noch immer als Feindbild schlechthin: dieser ehemalige badenwürttembergische Ministerpräsident, der vor 25 Jahren über die Todesurteile stürzte, die er als Marinerichter der Nazis sprach. Und ausgerechnet der grüne Oberbürgermeister Dieter Salomon wollte der Stadt nun eine solche Feier aufbrummen. Nichts da, die Freiburger gingen auf die Barrikaden, die Familie Filbinger zog sich beleidigt zurück, Festakt abgesagt, und Salomon lernte neu über seine Stadt zu staunen: Mit so viel Protest hatte er nicht gerechnet. Dabei hätte er es wissen müssen. Denn dass Filbinger kein spätes Verzeihen gegönnt ist, hat der sich selbst zuzuschreiben. Niemals in all den Jahren hat er ein Zeichen von Reue gezeigt, sah sich stets wehleidig als Opfer einer Rufmordkampagne und beharrte unverbesserlich auf dem furchtbaren Standpunkt: „Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein.“ So viel Uneinsichtigkeit lädt wahrlich nicht zum Feiern ein. pro

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