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"Ich arbeite für ihr Leben gern", versprechen die Ärzte in einer Plakatwerbekampagne überall in der Stadt. Ihre politischen Forderungen aber nützen vor allem dem Berufsstand selbst.

© dpa

Ärzte und Politik: Dr. med Kampagnero

Auf dem Ärztetag machen die Medizin-Funktionäre Politik. So befördern sie das schlechte Image, das sie eigentlich gerade mit einer Plakatkampagne bekämpfen wollen.

Als Patienten können wir ihnen ohnehin nicht entgehen. Aber im Moment begegnen sie uns nicht nur in Praxen und Kliniksprechzimmern. Sie gucken uns von allen Plakatwänden an. Ärztegesichter in Großaufnahme. Vertrauenswürdig, liebevoll und nur von dem einen Wunsch beseelt: uns allen zu helfen. „Wir arbeiten für Ihr Leben gern“, lautet ihr Bekenntnis.

15 Millionen Euro lässt sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung die groß angelegte Imagewerbung kosten. Sie sei nötig, heißt es bei den Machern. In den Medien werde inzwischen ja nur noch ein Zerrbild transportiert. Der Mediziner als Pfuscher. Geldgierig, betrügerisch, korrupt. Eine „Kampagne“, erregt sich der Ärztepräsident. Und selbst Vertreter der Krankenkassen würden „nicht müde, dieses perfide Spiel permanenter Verleugnung voranzutreiben“.

Richtig daran ist, dass sehr viel von den schwarzen Schafen der Branche die Rede war. Doch das hatte Gründe. Die Manipulationen bei Organtransplantationen haben just zu dem Zeitpunkt, als die Politik endlich aktiv wurde, einen verheerenden Schaden angerichtet. Das lag nicht an den Medien, die darüber berichteten. Es lag an den fehlenden Kontrollen derer, die sich von außen nicht auf die Finger sehen lassen wollten. Und der Bundesgerichtshof entdeckte anlässlich eines heftigen Korruptionsfalls eine Gesetzeslücke: Bestechliche Praxisärzte können nach geltendem Recht nicht belangt werden. Die Politik musste handeln, die Dimension des Problems wurde diskutiert. Eine Kampagne?

Richtig ist auch, dass die stärker werdenden Kassen die Ökonomisierung der Medizin vorantreiben. Doch die Ärzte stehen ihnen darin nicht nach. Über Jahre stellten ihre Funktionäre überzogene Honorarforderungen in derart aggressiver Weise, dass sich der Eindruck breit machte, es ginge den Medizinern um nichts anderes mehr als ums Geld. Und in ihren Praxen erweisen sich viele Ärzte mit fragwürdigen, privat zu zahlenden Leistungen inzwischen oft eher als gerissene Geschäftemacher denn als Anwälte im Dienste der Patienten.

Müssen die Funktionäre da jetzt auch noch Partei ergreifen im Wettstreit ums einträglichste, pardon, beste Krankenversicherungssystem? Nicht genug, dass sie sich so vehement für den Erhalt der Privatversicherung starkmachen, die ihrer Klientel höchste Einkünfte und Patienten erster Klasse garantiert. Sie versuchen nun sogar, das Konzept der Kopfpauschale wiederzubeleben, das selbst seine einstigen politischen Befürworter als sozial unverträglich verworfen haben.

In ihrer Argumentation machen es sich die Funktionäre leicht: Was Ärzten gut tut, bekommt auch den Patienten. Doch mit einkommensunabhängigen Pauschalen verschwindet der Kostendruck durch Arbeitgeber und Gutverdiener. Und Geringverdiener werden zu Bittstellern. Da mutet es zynisch an, dass sich der Ärztetag parallel mit dem Zusammenhang von Armut und Gesundheit beschäftigt. Wenn die Ärzte so um ihr Image besorgt sind, sollten sie sich aus dem Wahlkampf heraushalten. Und sich auf das konzentrieren, worin sie Experten sind: gute Patientenversorgung.

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