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Meinung: Afghanistan: Auch der Krieg hat Regeln

Es gibt Sätze, die zwar wahr sind, aber nur dazu dienen, die Wahrheit zu verschleiern. Dazu zählen: Operationen können schiefgehen, Flugzeuge stürzen ab, in jedem Krieg sterben Zivilisten.

Es gibt Sätze, die zwar wahr sind, aber nur dazu dienen, die Wahrheit zu verschleiern. Dazu zählen: Operationen können schiefgehen, Flugzeuge stürzen ab, in jedem Krieg sterben Zivilisten. Mit der ersten Weisheit gehen Chirurgen hausieren, nachdem sie gepfuscht haben, die zweite wird von Fluggesellschaften bemüht, nachdem ein Unglück geschah. Die dritte Erkenntnis wird derzeit erstaunlich oft vom Pentagon zitiert. Denn die Berichte über zivile Tote, falsche Ziele und misshandelte Gefangene häufen sich. Und der unbestreitbaren Erfahrung, dass es Kriege ohne Ziviltote nicht gibt, steht die ebenso unbestreitbare Moral gegenüber, die besagt: Jeder Ziviltote ist einer zu viel.

Der Afghanistan-Feldzug war waffentechnologisch relativ präzise. Die Schätzungen über die insgesamt getöteten Zivilisten reichen von mehreren hundert bis knapp 4000. Er war auch in humanitärer Hinsicht ohne Zweifel erfolgreich. Mehrere zehntausend Menschen wurden vor dem Hungertod bewahrt, weil seit dem Ende der Taliban wieder Hilfskonvois zu den Notleidenden fahren können. Aber kein Geretteter wiegt einen zu Unrecht Getöteten auf. Wer im Kriege absichtlich einen Unschuldigen umbringt, begeht ein Verbrechen. Nur unter Befolgung strenger Kriterien kann es erlaubt sein, den Tod von Zivilisten in Kauf zu nehmen.

Das Völkerrecht ist in dieser Beziehung eindeutig. Ein Ziel darf zum Beispiel nicht auf Verdacht in Angriff genommen werden. Informationen über die Legitimität eines Zieles müssen zuverlässig sein. In mindestens zwei der jüngst bekannt gewordenen Fälle besteht der dringende Verdacht, dass sich die US-Streitkräfte an diese Regeln nicht gehalten haben.

Die Vorfälle würden aufgeklärt, versichert das Verteidigungsministerium. Das immerhin ist ein Fortschritt. Allzu lange waren die entsprechenden Berichte als "feindliche Propaganda" abgekanzelt worden. Doch ergänzend heißt es, die Untersuchung müsse gründlich sein und könne deshalb eine Zeit lang dauern. Das verstärkt das Misstrauen wieder. Bei der Planung des Krieges wurde gründlich und zügig gearbeitet. Dasselbe sollte für die Aufklärung möglicher Verstöße gegen das Kriegsrecht gelten.

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