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Afghanistan: Kabul ist nicht Westminster

Den Wahlen in Afghanistan fehlt die Legitimation. Wenig spricht jedoch dafür, dass Neuwahlen ein glaubwürdigeres Ergebnis bringen würden

Von Hans Monath

Es konnte niemand erwarten, dass die Afghanen in den rund sieben Jahre nach der Vertreibung der Taliban aus Kabul mit internationaler Hilfe eine Demokratie nach Westminster-Standard etablieren würde. Dazu weiß jeder Zeitungsleser heute zu viel über die mangelnde Durchsetzungskraft der Zentralregierung in vielen Landesteilen, über das Ausmaß der Korruption, über patriarchalische Clanstrukturen und die Bedrohungen durch Islamisten. Auch in fortgeschritteneren Gesellschaften, deren soziale Strukturen nicht durch Kriege und Bürgerkriege zerstört sind, konnte die Herrschaft des Volkes durch Wahlen erst in mühseligen Prozessen etabliert werden. Die neuesten Befunde über die Präsidentschaftswahl allerdings offenbaren ein solches Ausmaß an Betrug, dass die wichtigsten Ziele des Unternehmens nun infrage stehen. Präsident Karsai könnte zwar im Amt bleiben, würde aber nicht gestärkt, wenn ihm jede Legitimation fehlt. Die Wahl, von der Nato als Bestätigung ihrer Aufbauarbeit gefeiert, kann keine befriedende Wirkung entfalten, wenn so viele Wähler betrogen wurden. Zwar spricht wenig dafür, dass Neuwahlen ein glaubwürdigeres Ergebnis bringen würden. Aber die internationalen Helfer müssen massiv darauf drängen, dass die Vorwürfe geklärt werden. Nicht weil sie vor der Weltöffentlichkeit die Demokratie in Afghanistan versprochen haben, sondern weil eine vor aller Augen getürkte Wahl das Ziel der Stabilität noch weiter in die Ferne rückt. hmt

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