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Afghanistan: Sternschnuppe der Demokratie

Eigentlich will es diesmal niemand so genau wissen, ob bei der Wahl in Afghanistan alles mit rechten Dingen zuging.

Die EU schickte zehn Wahlbeobachter, die OSZE sogar nur sieben – für rund 6000 Wahllokale. Seriöse Aussagen über den Ablauf der Parlamentswahl können beide Organisationen daher nicht treffen. Aber das ist vielleicht auch nicht der Sinn der Sache. Vielmehr will sich der Westen so rasch wie möglich aus Afghanistan verabschieden und dazu muss das Land stabil sein – oder zumindest nach außen hin so erscheinen. Nachrichten über massiven Wahlbetrug, wie sie im vergangenen Jahr nach der Präsidentschaftswahl die internationalen Schlagzeilen dominierten, passen da nur schlecht ins Bild. Denn dann hätte sich ja nichts geändert, sprich stabilisiert. Deshalb gilt: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß – und auch nicht meine Wähler.

Nun mag das Parlament in einem politischen System, das den Präsidenten ins Zentrum der Macht rückt, nicht so wichtig sein. Doch ihm bleibt noch immer eine wichtige Kontrollfunktion, und die kann gerade in einem Land, in dem Korruption und Misswirtschaft herrschen, kaum hoch genug eingeschätzt werden. Die Abgeordneten in Kabul haben dies erst im Januar eindrucksvoll unter Beweis gestellt, als sie die Kabinettsliste von Präsident Hamid Karsai zerpflückten und Kandidaten mit zweifelhafter Vergangenheit zurückwiesen. Viele sahen darin die Sternstunde der Demokratie in Afghanistan. Und deshalb wäre es wichtig gewesen, das Parlament zu stärken.

Die wichtigste Voraussetzung dafür ist, dass möglichst viele unabhängige und kritische Geister in die Volksvertretung einziehen. Allerdings besteht die Gefahr, dass Karsai, der schon seine eigene Wiederwahl im vergangenen Jahr mithilfe massiven Betrugs durchsetzte, jede Menge Jasager ins Parlament hievt. Das mag Stabilität verheißen, auf Dauer produziert es aber Frust und Sympathien für anti-westliche Kräfte – wie die Taliban.

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