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Meinung: Afghanistan: Verdrängter Krieg

Die Amerikaner haben einen leichten Sieg errungen, die Taliban sind gestürzt, die Al Qaida zum Großteil vertrieben. Wochen ist das jetzt her, wenn nicht Monate.

Die Amerikaner haben einen leichten Sieg errungen, die Taliban sind gestürzt, die Al Qaida zum Großteil vertrieben. Wochen ist das jetzt her, wenn nicht Monate. Die USA wenden sich bereits den nächsten Schauplätzen zu. Die Europäer tragen die Hauptlast der Stabilisierung in Afghanistan, schützen die Übergangsregierung Karsai und zahlen den Löwenanteil der Wiederaufbauhilfe. Die letzten vereinzelten Kampfeinsätze der USA, um vielleicht doch noch Osama bin Laden und Mullah Omar zu ergreifen, stören den jungen Frieden ein wenig. Das ist ungefähr das grobe Bild der meisten Deutschen vom Stand der Dinge.

Doch nun soll am Wochenende die größte, US-geführte Bodenoffensive seit Amerikas Eingreifen in Afghanistan begonnen haben. Im Osten des Landes haben sich demnach größere Gruppen von Taliban- und Al-Qaida-Kämpfern in den Bergen verschanzt. Der Krieg ist keineswegs zu Ende. Die Kraft der Taliban reicht zwar nicht, um die Macht zurückzuerobern. Aber sehr wohl, um zu verhindern, dass Kabul die Kontrolle über das ganze Land gewinnt. In Ostafghanistan wurden sieben Männer getötet: Delegierte für die "Loja Dschirga", den großen Rat über die Zukunft Afghanistans. Nach Westafghanistan ist Ex-Regierungschef Hekmatjar zurückgekehrt, ein Gegner der Übergangsregierung und Sympathisant der Taliban. Iran hat ihm das Exil aufgekündigt.

Das alles stellt den Westen vor unangenehme Fragen. Muss man viel mehr Soldaten aufbringen, um die Friedenstruppe von Kabul aus auf ganz Afghanistan auszuweiten? Und die These von den internationalen Verbindungen des Terrornetzes doch wieder ernster nehmen? Nach dem raschen US-Sieg konnte man meinen, die Gefahr sei unter dem Eindruck des 11. September überschätzt worden. Nun mehren sich Hinweise, dass in verschiedenen Weltregionen auswärtige islamistische Terroristen ihre Hände im Spiel haben - von Georgien bis Mazedonien. In Mazedonien wird ein brüchiger Frieden zwischen slawischer Mehrheit und albanischer Minderheit von Nato-Truppen bewacht. Überall, wo muslimische Bevölkerungen um mehr Einfluss kämpfen, klingt eine Al-Qaida-Verbindung aufs Erste plausibel. Sie kann aber auch ein Vorwand der Gegner sein, um rücksichtslos zuzuschlagen.

Genaues Hinsehen bleibt noch lange nötig, ob Afghanistan oder Mazedonien. Der Westen hat die Konflikte durch sein Eingreifen eingegrenzt, aber noch lange nicht befriedet.

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