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Afghanistan: Was bleibt, ist Hoffnung

Bitter ist es. Da wollen 1600 Afghanen über einen Weg zum Frieden reden, sie werden von 12.000 Sicherheitskräften bewacht. Und dann schlagen dennoch Raketen ein, dringen Radikale bis an das Versammlungsgelände vor. Kabul am Mittwoch.

Unvorstellbar für uns hier in Deutschland. Viele werden fragen: Was soll das? Man sieht doch, dass es keinen Sinn hat. Die, mit denen sie reden wollen, schicken ihnen Todesdrohungen, ja fast den Tod: die Taliban. Aber hat es wirklich keinen Sinn?

Bitter ist es. Keine Frage. Auch, dass Präsident Hamid Karsai weiterredet, während Raketen detonieren. Dass er das Auditorium wissen lässt, er sei daran gewöhnt, ebenso wie sein erst dreijähriger Sohn. Um anschließend durch seinen raschen Abzug in einer von Helikoptern bewachten Kolonne zu zeigen, dass die Situation doch alles andere als normal ist. Und er einen längeren Aufenthalt lieber doch nicht wagt. Widerprüche in Kabul.

Doch was wäre die Alternative? Die Dschirga ist der traditionelle Ort, an dem Afghanen beraten. Dass sie dies trotz der Drohungen tun, zeigt, dass es Menschen gibt, die etwas anderes wollen, als das, was die Taliban praktizieren. Da trifft sich so etwas wie Zivilgesellschaft – auch wenn es Delegierte sind, die von Karsai mit ausgesucht wurden. Mit einer Portion Zivilcourage. Die Drohung gegen das Treffen ist noch etwas anderes als die tägliche Bedrohung.

Dass ein anderer Teil der afghanischen Gesellschaft, Vertreter der Taliban, die Dschirga gewaltsam torpedieren will, zeigt aber auch, dass diese Menschen in der Versammlung eine Gefahr sehen. Dort sitzen Afghanen, nicht die internationalen Truppen. Dort stellen sich Afghanen gegen die radikalen Taliban. Trotz aller Vorbehalte: Diesen Menschen gebührt Respekt, auch wenn es einige unter ihnen gibt, die eher nicht in unser Bild von angenehmen Gesprächspartnern passen. Eine standhafte Dschirga kann auch ein Signal sein. Ein zaghafter Anfang.

Bitter ist es. Attentäter konnten sich einen Weg bahnen. Aber sie wurden gestellt. Die Dschirga geht weiter. In Deutschland wäre das undenkbar. In Kabul ist es eine kleine Hoffnung. Vielleicht die einzige. Sie haben kaum eine andere Wahl.

Seiten 1 und 6

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