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© dpa

Aids-Kampagne: Nazis und nacktes Frauenfleisch ziehen immer

Die neue Aids-Kampagne des Vereins Regenbogen e.V. ist diskriminierend, sexistisch und antiaufklärerisch.

Nazis und nacktes Frauenfleisch ziehen immer - das haben sich wohl die Macher der neuen Anti-Aids-Kampagne des Vereins Regenbogen e.V. gedacht, die derzeit für Aufregung sorgt. In dem Video, das bald im Fernsehen und im Kino ausgestrahlt werden soll, sieht man ein Paar beim Sex. Augenverdrehen, nackte Hintern in Aktion, Zunge rausstrecken - alles dabei. Erst am Ende wird deutlich, wer den männlichen Part der Performance hinlegt - niemand anders als Adolf Hitler. Die Botschaft: "Aids ist ein Massenmörder". Wow, ein Schockeffekt erster Güte.

Da fragt man sich doch als erstes, warum der Frau nicht früher aufgefallen ist, wen sie sich da an Land gezogen hat. Gut, es kann schon mal spät werden (2:33 Uhr!), und vielleicht ist man bei der Auswahl des Sexualpartners nicht immer ganz nüchtern - aber einen hässlichen Toten abzuschleppen, das ist doch eher ungewöhnlich. Selbst im schummrigsten Dämmerlicht könnte man doch vielleicht einmal einen Blick ins Gesicht riskieren. Und dann: Schnauzbart! Obacht, Finger weg!

Auch die anderen Protagonisten der Kampagne sind nämlich bärtig und höchstens was für Nekrophile: Josef Stalin und Saddam Hussein. Die Plakate zeigen sie in ziemlich schlechten Montagen beim Frauenbegrabschen.

Doch einmal abgesehen von diesen ästhetischen Vorbehalten sprechen auch eine Menge anderer Gründe gegen die Spots und Plakate. Sie sind diskriminierend, antiaufklärerisch und sexistisch. HIV-Infizierte werden mit Massenmördern gleichgesetzt - das läuft allen Anstrengungen zuwider, die Stigmatisierung der Krankheit und der Betroffenen zu bekämpfen. Die Deutsche Aidshilfe prüft deshalb mittlerweile sogar rechtliche Schritte gegen den Spot. Er verhöhne außerdem die Opfer der Diktatoren, so die Meinung der Aidshilfe.

Es dürfte wohl die erste Kampagne sein, die völlig ohne einen Hinweis auf Kondome auskommt. Einzig "Schütz dich", heißt es am Ende. Aids holt man sich beim unverbindlichen Sex mit Fremden, und von der Ansteckung sind vor allem Frauen betroffen - auch dies eine falsche und gefährliche Botschaft.

Der Spot und die Plakate sind sexistisch, sie arbeiten mit den billigsten Geschlechterklischees. Die Frauen sind dämliche Opfer, sehen auf den Plakaten aus wie Pornodarstellerinnen und werden als Hingucker inszeniert. Der Mann ist der böse, lüsterne Täter.

Es mag sein, dass die Gemüse-mit-Kondom-Kampagne, wie wir sie in den letzten Jahren zur Genüge gesehen haben, keinen mehr aufrüttelt, und Aids im öffentlichen Gefahrenbewusstsein nicht an erster Stelle steht. Doch da sind intelligente Lösungen gefragt. Menschenverachtung für den guten Zweck kann es jedenfalls nicht sein.


Das Video wurde mittlerweile von der Plattform Youtube entfernt, aufgrund eines "Verstoßes gegen die Nutzungsbedingungen". Zu sehen ist es aber weiterhin auf der Website der Kampagne: http://www.aiem.de/typo3/index.php?id=aids_kampagne

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