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Meinung: Aller Anfang ist Zauber

Kinderkrippen, Solidarpakt – was zählt, sind Schuldenabbau und ein Zukunftspakt

Es ist eine philosophische Frage, ob alles mit allem zusammenhängt, ob der Schlag eines Schmetterlingsflügels in der einen Region der Welt zu einem Sturm auf der anderen Seite der Erde führen kann. Und so kann man vom Kinderkrippenbedarf in Nordrhein-Westfalen über den Solidarpakt II zur Lösung der deutschen Altschuldenprobleme gelangen, oder unter Hinweis auf das eine Problem die Lösung des anderen verweigern. Nur: es bringt nichts, ist schließlich Geschwätz. Anders als mit nüchternem Verstand kommt man kaum weiter.

Dabei ist die Finanzierung der Kinderkrippen der am schnellsten lösbare Konflikt. Betrachtet man sie als Bildungsfrage, darf der Bund sich nicht einmischen und auch nicht mit finanzieren. Das ergibt sich aus der Föderalismusreform I, deren Ergebnisse im September 2006 in Kraft traten. Handelt es sich hingegen um Kinder- und Jugendhilfe, fallen die Krippenplätze in die Bundeskompetenz. Ob man letztlich zur Finanzierung der vor allem im Westen fehlenden, rund 500 000 Krippenplätze, Steuermittel umschichtet oder die Einnahmen erhöht, ist nur eine Unterfrage. Um die Grundsatzentscheidung – sind Kinderkrippen nun Teil der Bildungspolitik oder nicht – kommen die Verantwortlichen nicht herum.

Quasi eine Begleiterscheinung dieses Streites ist die neuerliche Auseinandersetzung über den Solidarpakt II. Wie sein Vorläufer, der im Jahr 2004 ausgelaufene Solidarpakt I, soll er bis 2019 durch eine Mittelumschichtung zwischen West und Ost die Anpassung der neuen Bundesländer an moderne Infrastrukturen erleichtern. Dass der „Aufbau Ost“ teilweise zu einem „Abbau West“ geführt hat, ist unstrittig und in manchen Regionen Nordrhein-Westfalens am eindrücklichsten zu besichtigen.

Es überrascht daher nicht, wenn Hannelore Kraft, die SPD-Vorsitzende des größten deutschen Bundeslandes eine Rückverteilung von Mitteln des Solidarpaktes fordert. Nur ist es nicht sehr zielführend, und auch nicht Vertrauen schaffend, wenn einmal geschlossene Vereinbarungen immer wieder infrage gestellt werden. Hilfreich wäre schon, wenn die am wenigsten entwickelten Ostländer die Solidarpaktmittel wirklich zu Investitionen nutzten und nicht in die Bezahlung der üppigen öffentlichen Verwaltung steckten.

Womit wir beim spannendsten Thema wären, dem Schuldenabbau und der damit verbundenen Chance des Neuanfangs. Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger hat mit seiner Berliner Rede das Signal dazu gegeben. Ein zeitlich befristeter Zuschlag zur Lohn- und Einkommensteuer soll die Entschuldung ermöglichen, die von einer Bund/Länder- Vereinbarung über die künftigen Grenzen öffentlicher Kreditaufnahmen oder gar deren Verbot begleitet würde. Da entgegen einer weit verbreiteten Meinung nicht nur sozialdemokratisch regierte Länder hoch verschuldet sind, müsste ein Konsens möglich sein – der allen, nicht nur Berlin nützte.

Gerd Appenzeller

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