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Nach der Wahl. Die AfD denkt über ihre Zukunft nach.

© dpa

Alternative für Deutschland: Die AfD und das Ende der Euro-Kritik

Die AfD war angetreten, um die Diskussion über den Euro ökonomisch zu führen. Erreicht hat sie paradoxerweise das Gegenteil. Weil die neue Partei als Konkurrenz gesehen wird, ist die Euro-Kritik in den anderen Parteien weitgehend verstummt.

Die Deutschen hat sie nicht bloß Nerven gekostet. Sie hat auch Vorurteile an die Oberfläche gebracht, die lange überwunden schienen. Trotzdem wird die Rettung des Euro von den meisten Bürgern unausgesprochen mitgetragen. Anders lässt sich Angela Merkels hoher Wahlsieg im September nicht erklären. Inzwischen bekennt sich eine Mehrheit auch offen zur gemeinsamen Währung: Vor wenigen Tagen sprachen sich im „Politbarometer“ 55 Prozent der Befragten für den Euro aus – 61 Prozent meinten, er werde langfristig betrachtet eine erfolgreiche Währung sein. Vor einem Jahr sahen das nur 49 Prozent so. Das ist ein denkwürdiges Ergebnis am Ende eines Jahres, in dem es eine Euro-kritische Partei fast bis in den Bundestag geschafft hätte.

Vielleicht werden all die Rettungsschirme, Troika-Besuche und Stabilisierungsmechanismen am Ende tatsächlich noch einmal als mutige Herkulestat in die Geschichtsbücher eingehen. Sicher ist das nicht. Zwar hat Irland vor einigen Tagen den Rettungsschirm über sich zugeklappt. Und die Griechen erwirtschaften Haushaltsüberschüsse – wenn man herausrechnet, was sie an Zinsen an ihre Gläubiger überweisen müssen. Gleichzeitig aber beschwerte sich am Mittwoch der italienische Premierminister Enrico Letta darüber, dass der Euro zu hoch bewertet sei, was Italiens Wirtschaft schade. Und die EU-Troika musste am Dienstag eine weitere Kredit- Milliarde für die Regierung in Athen freigeben.

In Deutschland hingegen ist aus der eigentlich ökonomischen Frage, ob es sinnvoll ist, sehr unterschiedliche Volkswirtschaften mit einer einheitlichen Währung zu überziehen, eine rein politische geworden. Die Diskussion um die Funktionsfähigkeit des Euro ist ungefähr dort wieder angelangt, wo sie in den 90er Jahren begann: bei einem Bundeskanzler Helmut Kohl, der von Geschichte sehr viel, von Währungspolitik aber eher wenig verstand.

AfD gelingt mit 4,7 Prozent ein beachtlicher Erfolg

Dies lässt sich daran ablesen, wie Politiker in den vergangenen Monaten mit der „Alternative für Deutschland“ (AfD) umgegangen sind. Einer Partei, die trotz des Scheiterns an der Sperrklausel mit 4,7 Prozent einen beachtlichen Erfolg erzielt hat. Als „Rattenfänger“ bezeichnete Ex-SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück die Euro-Kritiker im Wahlkampf, die frühere Grünen-Chefin Claudia Roth sprach von der AfD als „Rechtsaußen-Partei“, und Bundespräsident Joachim Gauck belegte sie indirekt, aber für das Publikum doch verständlich mit dem Brandmal „populistisch“.

Das Ziel von Bernd Lucke, dem Sprecher der AfD, war es eigentlich gewesen, die Euro-Frage politisch zu entblättern und sie auf ihren wirtschaftlichen Kern zu reduzieren. Tatsächlich wird man in seinen Reden nach nationalistischen Ressentiments vergeblich suchen. Doch, so paradox es klingt: Erreicht hat er mit dem Auftritt der AfD eher das Gegenteil. Weil die neue Partei von der Konkurrenz als reelle Gefahr wahrgenommen wurde, verhallt der Euro-politische Widerspruch in den anderen Parteien.

Euro-Skepsis ist nicht gleich Euro-Skepsis

Am deutlichsten war dies vor eineinhalb Wochen beim Parteitag der FDP zu spüren. Dort machte sich für einen kurzen Moment Highnoon-Stimmung breit, als der parteiinterne Euro-Skeptiker Frank Schäffler ankündigte, für den stellvertretenden Vorsitz zu kandidieren. Mit etwa 25 Prozent scheiterte er klar. Auf derselben Versammlung hatte FDP-Chef Christian Lindner davon gesprochen, dass man sich den „Euro- Hassern“ nicht annähern werde.

Sieht man einmal vom neuen CSU-Vize Peter Gauweiler ab, den Horst Seehofer geschickt eingebunden hat, dann gibt es außerhalb der AfD bald wohl keine prominente politische Stimme mehr, die sich mit dem Euro-Kurs der nun noch größeren Koalition kritisch auseinandersetzen wird. Auf Sahra Wagenknecht sollte man sich in dieser Hinsicht nicht verlassen. Auch die Linke will am Ende mehr Vergemeinschaftung.

Ohnehin ist Euro-Skepsis nicht gleich Euro-Skepsis. Entstanden ist der Begriff in den 80er Jahren in Großbritannien. Das „Oxford English Dictionary“ definiert einen „eurosceptic“ als eine Person, die einem ungebremsten Machtzuwachs der EU eher kritisch gegenübersteht. Die Politikwissenschaft unterscheidet mittlerweile zwischen „hartem“ und „weichem“ Euroskeptizismus: Die Idee eines vereinten Europa wird nur in der ersten Variante abgelehnt. Dem „weichen“ Euroskeptiker geht es eher darum, ein richtiges Maß an Integration zu finden. Doch für so viel Differenzierung scheint in unserem Bild von Europa kaum Platz zu sein.

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