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Es sieht düster aus: Als Protestpartei schadet Merkels unverbindliche Art der "Alternative für Deutschland".

© Reuters

Alternative für Deutschland: Kaum noch Erfolgschancen für die Eurogegner

Die Eurozone steht vor einem heißen Herbst, doch Angela Merkel will sich davon nicht den Wahlkampf verhageln lassen. Was auf die Deutschen zukommt, wird geschickt verschleiert. Diese trügerische Ruhe schadet den Euro-Gegnern der "Alternative für Deutschland" - denn die brauchen eigentlich Drama. Trotzdem: Vielleicht ist die AfD doch noch für eine Überraschung gut.

Es ist ein dramatisches Szenario: Die Bank of Cyprus ist pleite, Griechenland bereitet sich auf den Austritt aus der Eurozone vor, Portugal ist ohne Regierung. In Brüssel tagt ein Krisengipfel, in Berlin gibt es Anti-Euro-Demonstrationen, Angela Merkel verspricht Eurobonds. Die Opposition im Bundestag fordert die Einsetzung eines „Lügen-Untersuchungsausschusses“ gegen die Kanzlerin. Und Bernd Lucke, Vorsitzender der Alternative für Deutschland (AfD), wirft der Bundeskanzlerin „Wahlbetrug“ vor: Mit einer groß organisierten Täuschung der Wähler hätten die Altparteien verhindert, dass die AfD in den Bundestag einziehe. 

Die Blaupause für die nächste Etappe der Eurokrise lässt sich längst entwerfen. Alle Euroexperten rechnen mit einem heißen europäischen Herbst. Doch Angela Merkel tut alles dafür, dass die Eurokrise 3.0 ihr nicht den Wahlkampf verhagelt. Das Image der eisernen Eurokanzlerin, die standhaft die deutschen Interessen gegen den südeuropäischen Schlendrian verteidigt, soll den Wahlsieg bringen. Sowohl der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück als auch die Alternative für Deutschland lauern darauf, dass Merkel in Sachen Euro schwächelt.

Dabei weiß auch die Bundeskanzlerin, die Eurozone könnte schon bald vor einer ernsten Zerreißprobe, Europa vor der Spaltung stehen. Großbritannien könnte aus der EU austreten, Griechenland zur Drachme zurückkehren, auf den Bundeshaushalt werden in jedem Fall neue Milliardenbelastungen zu kommen. Doch in ihrer gewohnt unverbindlichen Art redet Merkel die Probleme des Euro klein. Man sei bei der Überwindung der Eurokrise schon ein gutes Stück vorangekommen, so die Kanzlerin auch am Wochenende; kein Land müsse die Eurozone verlassen. Bis zum 22. September soll an der Eurofront Ruhe herrschen. Darüber hinaus verteilt Merkel munter Wahlgeschenke. Die Zumutungen, die schon bald auf die Deutschen zukommen könnten, werden erfolgreich verschleiert.

Gut für die wahlkämpfende Union, schlecht für die Alternative für Deutschland. Denn ohne Euro-Krise, ohne Chaos in Brüssel und ohne Angst vor Inflation hat die AfD vermutlich kaum eine Chance auf einen Erfolg bei der Bundestagswahl.

Es ist ruhig geworden um die Eurogegner. Die erste Euphorie um die neue Partei ist verflogen. Die Schlagzeilen werden wieder kleiner – und das liegt nicht allein am Sommerloch. Zehn Wochen vor der Bundestagswahl fehlt der AfD der politische Rückenwind. In allen Umfragen liegt die Partei deutlich unter der Fünf-Prozent-Hürde. Die Zustimmung ist zurückgegangen.

Immerhin hat es die AfD geschafft, innerhalb weniger Monate 16 Landesverbände zu gründen und große Negativschlagzeilen zu vermeiden. Knapp war es nur in Bayern, wo die AfD wegen eines Formfehlers die Aufstellung der Landesliste wiederholen und innerhalb weniger Tage 2.000 Unterstützerunterschriften sammeln musste. Nach eigenen Angaben hat die Partei mittlerweile 13.000 Mitglieder, aber nicht in allen Bundesländern wird es die AfD schaffen, Direktkandidaten aufzustellen. Vor allem in Ostdeutschland tun sich Lücken auf.

War es das also schon mit der Anti-Europartei? Hatte die AfD nur einen kurzen Frühling der Sympathie? Geht sie den Weg aller Kleinparteien? Oder hat die AfD doch noch eine Chance, in den Bundestag einzuziehen?

Es wird in jedem Fall sehr schwer werden. Denn die Partei der Eurogegner hat kaum Möglichkeiten, im Wahlkampf eigene Akzente zu setzen. Merkel zu stellen und ihr Sommermärchen zu entlarven, das schafft selbst die große SPD nicht.

Die AfD kann als klassische Protestpartei nur reagieren – auf Stimmungen in der Bevölkerung oder auf unerwartete Ereignisse. Sie kann nicht agieren. Hinzu kommt: Die Partei, die vor allem von Volkswirten ins Leben gerufen wurde, kommt sehr professoral daher. Das schreckt bildungsferne Wähler ab. Der Parteivorsitzende Bernd Lucke ist alles andere als ein populistischer Volkstribun, der im Bierzelt rockt.

Solange die Eurokrise nicht bereits früher zurückkehrt, hat die AfD nur eine Chance: Sie muss einen engagierten Graswurzelwahlkampf mit pfiffigen Plakaten führen, wie ihn die Piraten zuletzt bei einigen Landtagswahlen gezeigt haben. Die Basis der Partei scheint motiviert zu sein, bei Veranstaltungen hat die AfD weiter starken Zulauf. Und an Geld für den Wahlkampf mangelt es der AfD offenbar nicht. Die Partei hat eifrig Spenden gesammelt. Die Wahlkampfkasse ist gut gefüllt. Es sollen bereits mehr als drei Millionen Euro sein.

Vielleicht ist die AfD also doch noch für eine Überraschung gut.

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