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Cannabinoide: Mit Drogen in die Badewanne

Wer glaubt, Regierungen hätten wichtigere Dinge zu tun, als Drogen an junge Leute zu verteilen, sollte Kalifornien im Auge haben. Dort will nicht nur das Finanzgenie George Soros Marihuana legalisieren lassen.

Das passiert uns doch allen: Man kommt aus der Badewanne und fühlt sich etwas benommen. Ganz normal: heißes Wasser, kalte Luft, Kreislauf. Aber es gibt auch noch eine andere Möglichkeit: wenn dein Badesalz „Bonsai Citrons“ oder „Forest Green“ heißt und künstliches Marihuana mit Kräutern vermischt enthält. Nach Angaben eines Mitarbeiters des Landeskriminalamtes Niedersachsen kommen die Zutaten aus China, werden in Deutschland gemixt und kommen dann in Flaschen mit Namen wie „Charge Plus, König unter den Badesalzen“ auf den Markt. Und dann liegt man in der Wanne, atmet den Dampf ein und wird high. Ich persönlich ziehe „Badedas“ vor.

Diese neuen Cannabinoide sind illegal, aber man kann sie kaum bekämpfen. Würde die Regierung Marihuana als legale Substanz einstufen, würde all dieses Teufelszeug schneller aus dem Badezimmer verschwinden, als man den Stöpsel der Badewanne ziehen kann. Es ist wirklich Zeit, die Nutzung dieser weichen Drogen zu liberalisieren. Die Theorie, dass das Rauchen von Marihuana automatisch zum Konsum von harten Drogen führt, war nie bewiesen und ist heute noch weniger glaubwürdig als in den 70er Jahren.

Wer glaubt, Regierungen hätten wichtigere Dinge zu tun, als Drogen an junge Leute zu verteilen, sollte das Finanzgenie George Soros im Auge haben. Kommenden Dienstag werden Kalifornier über ein Gesetz abstimmen, das Erwachsenen über 21 Jahren erlaubt, Marihuana zu pflanzen und zu besitzen. Die Behörden sollen Steuern auf den Verkauf von Drogen erheben dürfen. Herr Soros hat eine Million Dollar für die Kampagne zur Liberalisierung der Droge gegeben. Er argumentiert, dass der Steuerzahler dadurch Milliarden Dollar sparen kann, weil polizeiliche Ermittlungen, Gerichtsverhandlungen und Inhaftierungen wegfallen. Gleichzeitig würde die Regierung Milliarden Dollar zukünftige Steuereinnahmen haben. Und zumindest ein Teil der Kriminalität im Drogenmilieu würde zurückgehen. Denn man könnte Marihuana einfach in der Apotheke kaufen.

Die Debatte ist neu entfacht worden durch die Memoiren von Keith Richards, dem Gitarristen der Rolling Stones. Mit dem üblichen Verzug von drei Monaten wird sie auch Deutschland erreichen. Richard ist heute 67 Jahre alt und hat ein Gesicht wie aus gerissenem Beton. Entgegen allen Erwartungen hat er, nach diesem wilden Leben, anscheinend noch einen klaren Verstand. Die Rezensionen in Deutschland, selbst in seriösen Blättern, haben sich auf die Rivalität mit Mike Jagger konzentriert (inklusive Kommentare zur Größe eines bestimmten Körperorgans). Die eigentliche Geschichte sind jedoch weniger die Exzesse der 60er Jahre als eine Ära der Selbstfindung, in der man seine eigenen Grenzen erspüren musste in einer Welt, in der Autoritäten zusammenbrachen. Die Drogenexperimente waren ein Teil davon, der von der politischen Klasse dämonisiert wurde. Selbst die „Times“, die 1967 eine viel konservativere Zeitung war als heute, kritisierte damals die Gefängnisstrafen für Richards und Jagger nach einer Drogenrazzia.

Als die Polizei das Haus stürmte, fand sie Marianne Faithfull, Mick Jaggers Freundin (und gelegentlich diejenige von Keith Richards), nur in einen Bettvorleger gehüllt. Auf die Frage der Staatsanwaltschaft im Gericht, ob das normales Verhalten sei, antwortete Richard: „Wir sind keine alten Männer. Wir sorgen uns nicht um kleinliche Moralvorstellungen.“

Damals wurde ich ein Fan von Keith Richards und ein Leser der „Times“. Einer der großen zivilisatorischen Gräben besteht natürlich zwischen Stones- und Beatles-Fans. Die Stones erschienen meinem Lager eher protorevolutionär, die Beatles eher bieder. Die Beatles wollten deine Hand halten, die Stones das Haus deines Vaters in die Luft jagen.

Sollte die deutsche Regierung den Weg von Soros einschlagen und Cannabis legalisieren wollen, sollte man herausfinden, wer im Kabinett Beatles-Fan war oder ist und wer es eher mit den Stones hält. Zu Letzteren zählen Schäuble (weil Jagger an der London School of Economics studierte), zu Guttenberg (trotz Haargel und Pseudoschwur auf AC/DC), Brüderle („die Wirtschaft rockt“), Niebel, Leutheusser-Schnarrenberger (die als Einzige offen dazu steht), Röttgen (besonders „Sympathie with the Devil“) und natürlich Seehofer (uneheliches Kind), der aber leider kein Kabinettsmitglied ist. Damit reicht es nicht für eine Mehrheit zur Liberalisierung der Drogengesetze. Vielleicht ist es Zeit für eine Jamaika-Koalition?

Übersetzt von Andrea Nüsse.

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