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Gastkommentar: "Der BBI ist unsinnig und unrentabel"

Im Herbst 2010 ernten die Politiker aller Parteien, was sie gesät haben: die Wut der Bevölkerung. Der Großflughafen in Schönefeld ist so unsinnig wie unrentabel - Sperenberg wäre die richtige Alternative.

Sie werden sehen, dass das transparent, nachvollziehbar und sinnvoll sein wird“, so versuchte am 13. August 2004 der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck die kritischen Fragen der Journalisten bei der Vorstellung des Planfeststellungsbeschlusses für den neuen Flughafen in Schönefeld abzubügeln. Über die Kosten mache er sich keine Gedanken, ließ er noch wissen. Danach stand er auf und zog ab. Ein denkwürdiger Auftritt. So viel Arroganz und Schnoddrigkeit war einem selten begegnet.

Jetzt im Herbst 2010 ernten die Politiker aller Parteien, was sie über Jahre beim Bau des neuen Flughafens für Berlin gesät haben: die Wut der Bevölkerung. Denn sie errichten ohne Not einen Flughafen in einer dicht bebauten Stadtlandschaft und haben dabei vergessen, auf die Betroffenen Rücksicht zu nehmen.

Das alles war vermeidbar. Aber die Planer des unbestritten notwendigen neuen Flughafens setzten sich über die Ergebnisse aller Gutachten hinweg. Staatliche Behörden und international renommierte Planungsbüros hatten sieben Standorte im Großraum Berlin untersucht. Alle kamen zu demselben Ergebnis: Der beste Standort ist der ehemalige sowjetische Großflughafen in Sperenberg, der problematischste Schönefeld. Die Vorteile von Sperenberg: Das riesige Gelände mit zwei Landepisten von fast 4000 Metern gehört schon dem Staat. Sperenberg ist für ein Fracht- und Passagierkreuz für den stark wachsenden Luftverkehr zwischen Asien und Europa hervorragend geeignet. Vor allem: Sperenberg liegt in einer unbesiedelten Waldregion, was einen 24-Stunden-Betrieb ermöglicht.

Aber nein, Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen, CDU, der Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann, CDU, und Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe, SPD, entschieden: Der neue Flughafen wird in Schönefeld gebaut. Diepgen begründete seine Haltung unter anderem damit, dass Sperenberg für die Berliner zu weit weg sei. Provinzieller geht es kaum mehr. Wissmann vertrat eindeutig die Interessen des Bundes, der auch an den Flughäfen in München und Frankfurt am Main beteiligt ist und für die ein Berliner Großflughafen ohne Nachtflugbeschränkung eine erhebliche Konkurrenz bedeutet hätte. Stolpes Zustimmung für die Fehlentscheidung, die hauptsächlich zulasten von Brandenburg ging, wurde von Kritikern als „sachfremde Überlegungen“ bezeichnet. Es ist schlicht nicht nachvollziehbar, dass die drei samt ihren Parteien beschlossen, einen neuen Flughafen dort zu bauen, wo Hunderttausende von Bürgern vom Fluglärm belästigt werden, statt in Sperenberg, wo nur wenige tausend Einwohner betroffen wären, die mit großzügigen Angeboten hätten umgesiedelt werden können. Die schier unlösbaren Konflikte um die Flughäfen in Frankfurt am Main, München oder Düsseldorf haben sie einfach ausgeblendet. Dazu gehört eine gehörige Portion Ignoranz.

Die Entscheidung gegen Sperenberg hatte auch zur Folge, dass sich private Investoren für einen neuen Großflughafen Berlin sofort zurückzogen. Ohne Nachtflugerlaubnis ist der kaum rentabel zu betreiben. Aber wie Platzeck sinngemäß gesagt hatte: Die Finanzierung ist nicht unser Problem. Jetzt sind dafür die Steuerzahler und die hoch verschuldeten Bundesländer Berlin und Brandenburg zuständig. Der Flughafen, der jetzt in Schönefeld gebaut wird, steht nämlich auf wirtschaftlich wackeligen Füßen. Für einen internationalen Knoten ist Schönefeld nicht ausgelegt, dafür ist er nicht geplant und deshalb erfahrungsgemäß bald wieder zu klein.

Das Problem, dass Deutschland keinen geeigneten Flughafen für Nachtflüge hat, bleibt bestehen. Das ist die Chance für Sperenberg und die lärmgeplagten Bürger. Wenn heute mit der Planung begonnen wird, kann das internationale Luftkreuz Sperenberg in 20 bis 25 Jahren in Betrieb genommen und Schönefeld stillgelegt werden. Das würde sich dank privater Investoren sogar rechnen.

Der Autor ist mehrfach ausgezeichneter Wirtschaftsjournalist, Filmemacher und Publizist.

Günter Ederer

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