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Berlin bleibt cool, meint unser Kolumnist Matthias Kalle

© dpa

Hauptstadt-Hype: Berlin ist die hippste Stadt der Welt!

Kein Mensch geht mehr ins Berghain? Macht nix, meint Matthias Kalle. Denn Berlin ist immer noch die coolste Stadt der Welt - und das aus einem ganz speziellen Grund.

Es scheint beinahe so, als würde das Fernsehen gerade vollkommen verrückt spielen und falls das so ist, lautet die Frage: Ist das gut oder schlecht? In dieser Woche wurde bekannt gegeben, wer die renommierten Grimme-Preise bekommt, als die wichtigsten Auszeichnungen des Fernsehens. Drei der Sieger heißen Jan Böhmermann, Klaas Heufer-Umlauf und Joko Winterscheidt.

Abgesehen davon, dass ich die Verleihung absolut gerechtfertigt finde, ist sie doch überraschend – im Falle von Böhmermanns Sendung „Neo Magazin“, weil die bei ZDFneo quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet; im Falle von Heufer-Umlaufs und Winterscheidts Sendung „Circus Halligalli“, weil die bei ProSieben so dermaßen einen auf Krawall macht, dass sogar die Simpsons dagegen eher wie diese Drombuschs wirken. Der Grimme-Preis ist also irgendwie ein bisschen verrückt – und entspricht so gar nicht dem Zeitgeist – wenn ich das denn mit diesem Zeitgeist gerade richtig verstanden habe.

Der "Normcore"-Trend und die Trendstadt Berlin

Wissen Sie, was „Normcore“ ist? Nee? Wusste ich bis vor kurzem auch nicht. Musste selber nachschauen. Also: Normcore ist ein so genannter Trend. Es bedeutet, dass im Prinzip jeder so aussehen möchte wie alle – also nicht besonders, sondern eben, ja, normal. Auch Stars. Vor allem Stars. Die sieht man jetzt oft in – aufgepasst – Jeans und T-Shirt. Normcore eben. Anders sein war gestern – heute heißt es so rumzulaufen, als wenn man sich im Gesundbrunnen-Center eingekleidet hätte.

Wenn sich das durchsetzt – was passiert dann mit den ganzen nachgemachten Louis-Vuitton-Taschen? Oder ist das Tragen einer solchen Tasche auch schon Normcore? Und was bedeutet dieser Trend eigentlich für die Trendstadt Berlin?

Ist Berlin nicht mehr "anders"?

Eine befreundete Zeitung bat mich diese Woche einen kleinen Text über das Ende des Berlin-Hypes zu schreiben. Davon wussten Sie auch noch nichts? Nun ja: Die „New York Times“ und der „Rolling Stone“ haben vor kurzem ihren Lesern versichert, dass das mit Berlin jetzt auch mal langsam vorbei sei. Weil niemand, der noch was auf sich hält, ins Berghain ginge, weil dieser ganze Zauber, das Besondere, das Berlin in den vergangenen Jahren ausgemacht habe, einfach nicht mehr da sei. Die Anziehungskraft Berlins für so richtig coole Leute ist demnach zu vergleichen mit der Anziehungskraft von Ennepetal.

Wenn das alles aber jetzt tatsächlich stimmen würde, dann würde das doch bedeuten, dass Berlin, das ja jetzt wieder so normal ist wie jede andere Stadt, die hippste Stadt der Welt ist – eben weil Berlin nicht mehr „anders“ oder sogar „besonders“ ist, sondern eben eher so „normcore“. Oder bringe ich da jetzt etwas durcheinander?

Die durchgeknalltesten Freaks scheinen sich derzeit ja eh um das Fernsehprogramm zu kümmern. Fernsehen ist das neue Berlin!

Oder wie jetzt?

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