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Reise nach Berlin: Der Papst muss öffentlich einen Gottesdienst feiern

Der Papst Benedikt XVI. kommt nach Berlin. Als Katholik freue ich mich sehr darüber, und auch für Berlin kann das eine spannende und gewinnbringende Begegnung sein – nicht nur für Gläubige.

Der Papst, Oberhaupt von über einer Milliarde Katholiken, hat der Welt und auch dem säkularen Berlin etwas zu sagen!

Jetzt geht es um das Programm. Erste Gerüchte kursieren. Das Hauptstadt-Erzbistum darf aber nicht zu zaghaft sein. Für mich ist klar: Ohne einen öffentlichen Gottesdienst als Einladung an alle Berliner geht es nicht. Und dieser darf nicht abseits des Geschehens stattfinden, er gehört mitten in das Zentrum unserer Stadt.

Papst Benedikt XVI. ruft immer wieder dazu auf, die Botschaft Christi auch dort zu verkünden, wo Kirche noch nicht selbstverständlich zum Leben dazugehört. Er war es, der den „Päpstlichen Rat für die Neuevangelisierung“ ins Leben rief. Würde der Papst öffentliche Gottesdienste nur an den anderen Stationen seines Besuchs feiern, also im beschaulichen Erfurt und dem katholisch geprägten Freiburg, würde dies wirken, als verlasse die Kirche in dem vielleicht weniger gemütlichen Berlin der Mut, als wolle sie sich eines großen Teils deutscher Wirklichkeit nicht stellen. Das würde gar nicht zu diesem Mann passen, der wie kein anderer gerade den Dialog mit Menschen sucht, die andere Religionen oder Weltanschauungen haben.

Die Reise des Papstes wird der erste offizielle Besuch in Deutschland sein. Dazu gehört, dass der Papst den Bundespräsidenten und die Bundesregierung besucht. Vielleicht wird er im Bundestag sprechen. Ihm wird es wichtig sein, als Professor auf dem Stuhl Petri an dem herausragenden Wissenschaftsstandort Berlin auch eine eher akademische Ansprache zu halten. Sein großes Thema, die Vereinbarkeit von Vernunft und Religion, kann er in Berlin in besonderer Weise darlegen. Vielleicht mit einem Auftritt in der Humboldt-Uni, dort, wo einst Hegel und Fichte lehrten.

Doch das reicht nicht. Spannend ist die Frage, wie der pastorale Teil des Besuchs gestaltet werden soll. Wie wird der Papst auf eine Metropole zugehen, in der zwar die Mehrheit der Bevölkerung keiner Glaubensgemeinschaft angehört, in der aber der katholische Bevölkerungsanteil in den letzten Jahren stetig gewachsen ist und in der mit Ausnahme von Köln und München mehr Katholiken leben als in jeder anderen deutschen Stadt? Und was wird er den Berlinern sagen, die im Rahmen des Volksbegehrens zum Religionsunterricht vor kurzem intensiv und niveauvoll über den Glauben und das Verhältnis von Staat und Religion diskutiert haben?

Wo also sollte der öffentliche Gottesdienst stattfinden? Ich könnte mir eine Messe auf dem Bebelplatz vorstellen. Er befindet sich mitten im alten Zentrum Berlins, in der Straße Unter den Linden, direkt gegenüber der Universität, neben der Staatsoper. Am Bebelplatz liegt die katholische Hedwigskathedrale, der Sitz des Berliner Erzbischofs. Er steht damit auch für die Präsenz der katholischen Kirche in der Stadt.

Eine Messe mit dem Papst auf dem Bebelplatz würde deutlich machen, welchen Platz Christen (und zwar nicht nur die katholischen) auch in dieser Stadt beanspruchen: mittendrin im Leben und als eine prägende Kraft der Gesellschaft.

Der Bebelplatz ist außerdem der Ort, auf dem die Nazis seinerzeit öffentlich Bücher verbrannt haben. Keiner seiner Vorgänger dürfte so viele Bücher geschrieben und so sehr auf die Kraft des geschriebenen Wortes vertraut haben wie Papst Benedikt XVI. Andererseits hat natürlich auch die Kirche früher immer wieder Schreibverbote ausgesprochen, während sie heute vehement für Menschenrechte und Meinungsfreiheit eintritt.

Welch ein großartiger Platz, welch eine großartige Persönlichkeit, um die Bedeutung der Freiheit des Wortes auch und gerade bei der Suche nach Wahrheit und Erkenntnis zu betonen!

Der Autor ist Rechtsanwalt und Katholik und Gründer der Initiative Pro Reli.

Christoph Lehmann

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