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Angela Merkel: „Die größte Überraschung meines Lebens“

Barack Obama ehrt Angela Merkel mit der Freiheitsmedaille, der höchsten zivilen Auszeichnung der USA. Wird das die Gerüchte zum Verstummen bringen, das persönliche Verhältnis der beiden sei nicht besonders herzlich? Wohl kaum.

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Vor wenigen Tagen, beim Gipfel der G 20 in Seoul, sind sie noch aneinandergeraten wegen ihrer unterschiedlichen Strategien in der Finanzpolitik. Nun ehrt Barack Obama Angela Merkel mit der Freiheitsmedaille, der höchsten zivilen Auszeichnung der USA. Wird das die Gerüchte zum Verstummen bringen, das persönliche Verhältnis der beiden sei nicht besonders herzlich? Wohl kaum.

Es gehört zur Psychologie solcher Wahrnehmungen, dass sich beide Lager bestätigt sehen. Wer schon bisher der Meinung war, dass Präsident und Kanzlerin eine hohe Wertschätzung füreinander haben und auch zeigen, nur eben nicht die Typen für eine Politik der Umarmungen und Strickjacken- Gespräche sind, nimmt den Orden als neuen Beleg. Und wer die Beziehung der beiden bislang als unterkühlt betrachtete, wird sagen: Die Auszeichnung sei nur ein PR-Trick. Das ist eine sehr deutsche Debatte.

In den USA gilt Merkels Lebensweg als außerordentlich „powerful“, als Biografie von mächtiger Symbolkraft. Sie ist in einer Diktatur aufgewachsen, der Vater war Pfarrer. Englisch lernt sie zu Hause bei der Mutter, einer Lehrerin, die in der DDR nicht unterrichten darf. Sie studiert Physik, kann aber die Länder, in denen die bahnbrechenden Erfindungen gemacht werden, nicht besuchen, sondern nur in Fachzeitschriften davon lesen. In der Wendezeit findet die damals 35-Jährige in die Politik, hilft mit ihrem Wissen einer der neugegründeten Parteien, wird nach der Einheit Ministerin und am Ende Parteivorsitzende und Kanzlerin.

„Freiheit ist die größte Überraschung meines Lebens“ – dieses Merkel-Zitat beeindruckte und bewegte die Amerikaner schon bei ihrem ersten USA-Besuch als Kanzlerin im Januar 2006. Der damalige Präsident George W. Bush wollte in ihr die Bestätigung seiner „Freedom Agenda“ sehen. Doch vereinnahmen ließ sie sich nicht. Öffentlich kritisierte sie Guantanamo.

Als sich 2008 der Machtwechsel in Washington abzeichnet, ist sie fasziniert von den Dynamiken der amerikanischen Demokratie, die selbst die Mauer der Hautfarben überwindet. Das heißt aber nicht, dass sie als Kanzlerin Partei ergreift. Als Kandidat darf Obama nicht am Brandenburger Tor sprechen. Nun, als Präsident, dürfte er. Die Rallye mit 200 000 Menschen an der Siegessäule wird gleichwohl die größte seines Wahlkampfs. Die einen halten die Episode für den Ursprung einer bleibenden Distanz. Obama-Kenner würden entgegenhalten: So etwas imponiert ihm.

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