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Gefährdung des Kindeswohls

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Anlässlich der Beschneidungs-Debatte: Einige juristische Überlegungen zum Kindeswohl

Sind Ohrlöcher, Tattoos, und kosmetische Operationen Körperverletzung? Verstoßen Fruchtwasseruntersuchungen und Kaiserschnitte gegen Kinderrechte? Liegt es im Wohl des Kindes, überhaupt geboren zu werden? Fragen, die das Beschneidungsurteil nach sich zieht.

Kinder haben eigene Rechte, und die bei der Beschneidung diskutierte Frage, was dem Kindeswohl dient, ist keineswegs nur nach Kriterien von Religionen zu entscheiden. Hinzuzufügen ist, dass auch Nichtgläubige von folgenden modisch-spirituellen Eingriffen in die körperliche Integrität ihrer Kinder künftig allerdings besser Abstand nehmen sollten:

1. Ohrlochstechen. Im Strafgesetzbuch heißt es: Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, dem droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. Der Stich in das Ohrloch ist etwas anderes, als dem Kind Nägel oder Haare zu schneiden. Er ist eine Substanzverletzung am menschlichen Köper. Einwilligungsfähig ist die Tat nicht, sie dient nicht dem Kindeswohl. Niemand weiß, ob es in 20 Jahren nicht peinlich ist, gestanzte Ohrlöcher zu haben. Schon heute werden in akademisch-bürgerlichen Milieus Ohrlöcher seltener. Stigmatisiert sind insbesondere Jungen. Manche könnten Ängste entwickeln, für Mädchen gehalten zu werden.

2. Tätowierungen. Sie sind eine Misshandlung, für die das Kindeswohl keine Rechtfertigung bietet – nicht mal bei Einverständnis des Kindes. Die aufwendige Entfernung des in Dermatologensprache so genannten „Steißornaments“, vulgo Arschgeweih, beschäftigt mittlerweile ein Heer von Ärzten. Nur weil viele ein Tattoo haben, entspricht es noch nicht dem Kindeswohl. Viele rauchen auch oder trinken zu viel Alkohol.

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3. Kosmetische Operationen. Nein, Eltern übertreiben hier bislang nicht. Fast alle Korrekturen an Kindern beschränken sich auf Ohren und Nasen. Doch die Schönheitsideale wandeln sich. Es gibt zauberhafte Frauen und zauberhafte Männer mittleren und fortgeschrittenen Alters mit durchaus imposanten Höckernasen, weil man das früher noch durchgehen ließ. Heute sind sie seltener geworden, sie sterben aus, wie die Abstehohren. Wo ist die Grenze? Bei den Lippen? Den Augen? Es liegt gewiss nicht im Wohl der Kinder, einander immer ähnlicher zu werden.

4. Fruchtwasseruntersuchungen. Es spricht viel dafür, mit Überlegungen zum Kindeswohl im Mutterleib anzusetzen. Die Punktion der Fruchtblase gefährdet das Kind doppelt: Einmal beim Eingriff selbst, zudem schafft sie ein Risiko, dass bei positiven Tests auf Erbgutschäden abgetrieben wird. Wer das Wohl des Kindes ernst nimmt, muss sie verbieten.

5. Medizinisch nicht indizierte Kaiserschnitte. Die Hollywood-Mode boomt. Dabei ist die ungewollte und unnatürliche Geburt, also herausgerissen zu werden aus dem Mutterleib, der ultimative unwiderrufliche Eingriff in die körperliche (und seelische) Integrität des Kindes. Verantwortliche Gynäkologen würden solchen Eltern den Kreißsaal verrammeln.

Schließlich: Liegt es im Wohl des Kindes, überhaupt geboren zu werden?

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