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Meinung: Anleihen auf die Zukunft

Warum es der Politik gelingen wird, in der Krise verspieltes Vertrauen wieder aufzubauen.

Es ist vor allem die Wortwahl, die aufhorchen lässt. „Quite gloomy“ seien die Aussichten für die Weltwirtschaft, ziemlich düster, warnt Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds. Rückzug, Isolation und Protektionismus seien die Bedrohungen dieser Tage, „genau wie in den 30er Jahren“. Immun gegen den Abwärtstrend sei kein Land, vor „monumentalen Herausforderungen“ stehe die Politik. Nur mit vereinten Kräften könnten sich die Regierungen gegen die Krise stemmen.

Dass 2012 ein mageres Jahr werden wird, ist eine Binse, und auch die kluge Christine Lagarde kann den Lauf der Welt nicht vorhersagen. Dass die Dinge derzeit aber eine gefährliche Dynamik entwickeln, lässt sich nicht leugnen. Selbst Deutschland kann schon froh sein, wenn seine Wirtschaft im kommenden Jahr stagniert. Denn die Banken in allen westlichen Industrieländern stecken in einer bedrohlichen Lage: Viele Staatsanleihen in ihren Depots haben nur noch Sammlerwert, zugleich verlangen ihnen die Aufsichtsbehörden mehr Sicherheitskapital ab.

Womöglich braut sich ein Szenario nach dem Muster der Lehman-Krise 2008 zusammen, als die ohnmächtige Finanzbranche die Realwirtschaft in die Tiefe riss. Nicht von ungefähr kämpft die Europäische Zentralbank nun mit allem, was sie hat, gegen eine neue Kreditklemme. Retter sind weit und breit nicht in Sicht. In der vergangenen Rezession haben sich die Staaten mit Bankenhilfen und Konjunkturprogrammen verausgabt, sogar im vermeintlich allmächtigen China sind die Tage der Aufschwungparty vorbei. Und die Politik? Hechelt stets nur dem Tempo der Märkte hinterher, ätzt Lagarde, braucht quälend lange, um die Krise bei der Wurzel zu packen.

Womöglich will die IWF-Chefin mit ihrem Angst machenden Szenario die Politik zur Eile antreiben. Sie tut gut daran, denn es zeigt sich, dass der EU-Gipfel von Brüssel längst nicht der Durchbruch war, als den ihn viele feiern. Bis ein neuer Vertrag die Euro-Zone zu einer Fiskalunion zusammenschweißt, werden Monate vergehen – Monate, in denen die Analysten der Ratingagenturen noch viel Unsinn aufschreiben, in denen nervöse Finanzhändler noch oft panisch reagieren können.

Trotzdem ist es zu früh, nun die Große Depression auszurufen. Der Druck der vergangenen Monate hat dazu geführt, dass hemmungslose Schuldenmacher ihren Kurs ändern mussten, in Griechenland, in Italien, in Portugal. Die Weigerung Merkels, mit ihrem Geld die Fehler der Nachbarn auszubügeln, macht sich bezahlt. Ebenso wie die Sturheit der Zentralbanker, Europa mit frischem, bald aber wertlosem Geld zu überschwemmen und so den Politikern die Drecksarbeit der Etatsanierung abzunehmen. „Dauerhaftes Vertrauen kann man mit Geld alleine nicht kaufen“, sagt Bundesbankchef Jens Weidmann. Das ist der Kern der Krise, nicht die Frage, ob die Euro-Rettungsschirme über Billionen oder über Trillionen verfügen. Die Politik arbeitet daran, verspieltes Vertrauen wieder aufzubauen – spät, aber immerhin. Es wird ihr gelingen. Schon deshalb, weil niemand ein Interesse an einem Scheitern des Euro hat. Kein Chinese, kein Russe, erst recht kein Amerikaner.

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