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Meinung: Atommüll: Die neuen Pariser Sorgen

In der unmittelbaren Nachkriegszeit, als es im deutsch-französischen Verhältnis notgedrungen noch ein bisschen pathetischer zuging, war oft und gerne die Rede von den "incertitudes allemandes". Gemeint waren damit die Befürchtungen unserer französischen Nachbarn, dass Deutschland aufgrund seiner Größe und geographischen Lage immer ein unsicherer Kantonist bleiben werde.

In der unmittelbaren Nachkriegszeit, als es im deutsch-französischen Verhältnis notgedrungen noch ein bisschen pathetischer zuging, war oft und gerne die Rede von den "incertitudes allemandes". Gemeint waren damit die Befürchtungen unserer französischen Nachbarn, dass Deutschland aufgrund seiner Größe und geographischen Lage immer ein unsicherer Kantonist bleiben werde. Wie sehr sich das deutsch-französische Verhältnis seit den Tagen von de Gaulle und Adenauer normalisiert hat, lässt sich daran ablesen, wo die Franzosen heute "incertitudes allemandes" erblicken. Wenn überhaupt, dann gibt es derzeit nur eine Unsicherheit in Frankreich: Wann transportiert Deutschland wieder den Atommüll zurück, der in Frankreich aufbereitet wird? Und wie grün ist die rot-grüne Regierung, die, für die Atommacht Frankreich kaum nachvollziehbar, den Ausstieg aus der Kernenergie eingeleitet hat? Das Argument des Bundeskanzlers Schröder, er könne den Rücktransport der Castor-Behälter von La Hague nach Gorleben nicht gegen den Willen der Bundesländer beschleunigen, klingt im zentralistischen Frankreich fremd. Umgekehrt zeichnet sich auch die französische Verhandlungsposition durch kühle Kalkulation aus - kennt schließlich auch Paris genau die begrenzten Atommüll-Lagerkapazitäten in Philippsburg, Stade und Biblis. Deutsch-französische Verwerfungen? Der weiter ungelöste Streit um den Rücktransport der Castor-Behälter ist inzwischen zur "Chefsache" von Frankreichs Präsident Chirac und Kanzler Schröder mutiert. Das ist beruhigend. Wenn die Chefs sonst keine andere Sorgen haben ...

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