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Kommt Zeit, kommt Einigung: EU-Außenministerin Catherine Ashton und Irans Außenminister Dschawad Sarif

© Reuters

Atomverhandlungen mit Iran: In langsamen Schritten nach Genf

Dass in Genf kein rasches Ergebnis zwischen Iran und dem Westen erzielt wurde, muss niemanden enttäuschen. Die Verhandlungen mit dem Iran können nur Schritt für Schritt vollzogen werden - wenn das richtige Ziel klar ist.

Warum so enttäuscht? Klar, als die erste Klasse der Weltpolitik zu den Iran-Gesprächen nach Genf jettete, stiegen die Erwartungen. Doch durfte man ernsthaft annehmen, dass die Außenminister gleich beim ersten Treffen nach dem Präsidentenwechsel in Teheran alle Fragen lösen? Gut Ding will Weile haben.

Die Voraussetzungen für eine Einigung sind nun aber besser als in den acht Jahren zuvor unter dem Israel-Hasser Mahmud Ahmadinedschad. An diesem einen Tag in Genf haben der Amerikaner John Kerry und der Iraner Mohammed Sarif länger zusammen gesessen als ihre Amtsvorgänger zusammengenommen seit Oktober 2009 – das lässt der neue Präsident Hassan Ruhani aus Teheran twittern. Und sie haben sich gleich wieder verabredet; die Gespräche werden also nicht mehr wie bisher auf die lange Bank geschoben.

Auch die Begleitmusik klingt freundlicher: Den internationalen Atomaufsehern von der IAEO öffnen sich nun im Iran Türen, die vorher verschlossen waren. Mit den Briten verhandeln die Mullahs über die Wiedereröffnung der Botschaft in Teheran, die seit einem Angriff von Randalierern vor zwei Jahren geschlossen war.

Atmosphäre ist wichtig, aber nicht alles. Bisher fehlte es an gutem Willen; jetzt, da es konkret wird, rücken die Tücken der Materie in den Mittelpunkt. Iran möchte die Sanktionen loswerden, aber das Recht auf Urananreicherung sowie die Fähigkeit dazu behalten. Die „Fünf plus Eins“ verlangen eine verbindliche und überprüfbare Beschränkung der Anreicherung auf nicht waffenfähiges Material, ehe sie die Sanktionen lockern. Da bleibt nur wenig Schnittmenge – und zudem die Frage nach der Abfolge der Schritte. Eine Einigung ist wohl nur möglich, wenn beide Seiten Abstriche machen und Vorleistungen erbringen, die das Gegenüber daheim als Beleg vorweisen kann, dass sich die Verhandlungsbereitschaft auszahlt.

Ein Durchbruch in den Verhandlungen ist möglich - wenn alle Seiten an das gleiche Ziel denken

Nach Jahren des Misstrauens und der Blockade stehen die Verhandler vor einer delikaten Aufgabe und einem kaum auflösbaren Widerspruch. Die Gespräche sind nicht populär, die Gegner im eigenen Lager mächtig. Überwinden können sie diese Skepsis am ehesten, wenn sie ihrer heimischen Öffentlichkeit Erfolge vermelden – also im Idealfall bereits in der ersten Phase Zugeständnisse herausholen, die die andere Seite sich für spätere Runden aufbewahren wollte, sobald der Beweis erbracht ist, dass man sich auf Zusagen verlassen kann.

Für solche Situationen haben Diplomaten ein erprobtes Mittel. Sie teilen die verlangten Zugeständnisse in Portionen auf und dann nähert man sich im Geben und Nehmen Zug um Zug an: hier eine Inspektion, dort die Freigabe eines gesperrten Kontos, hier die Unterschrift unter ein Überprüfungsregime, dort ein Ende des Lieferstopps für Flugzeugersatzteile, medizinisches Gerät und Ähnliches.

Dieser Weg steht freilich nur offen, wenn alle dasselbe Ziel haben: ein Iran ohne Atomwaffen und befreit von Sanktionen. Das ist ein Integrationsprozess, der sich zieht – und kein Durchbruch, der an einem Tag in Genf zu erzielen wäre.

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