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Meinung: Aubis: Völlig verfahren

Rein rechtlich betrachtet ist es ein normales juristisches Verfahren: Ein Haftbefehl wird nach dem Studium der Ermittlungsakten durch einen Richter erlassen. Der Beklagte erscheint sodann vor dem Richter, stellt dort dann seine Sichtweise der Dinge dar und der Richter wägt ab zwischen dem, was er gelesen hat, und dem, was er zu hören bekommt.

Rein rechtlich betrachtet ist es ein normales juristisches Verfahren: Ein Haftbefehl wird nach dem Studium der Ermittlungsakten durch einen Richter erlassen. Der Beklagte erscheint sodann vor dem Richter, stellt dort dann seine Sichtweise der Dinge dar und der Richter wägt ab zwischen dem, was er gelesen hat, und dem, was er zu hören bekommt. Rein rechtlich gesehen, meint deshalb auch die Berliner Justizsenatorin Karin Schubert, ist der Krimi, der sich am Mittwoch in Berlin um die Verhaftung der Aubis-Manager Klaus Wienhold und Christian Neuling entspann, ein normales Verfahren. Das ist doch beruhigend zu wissen.

Es ist leider das Einzige, was an der Verhaftung und der kurz darauf schon wieder folgenden Entlassung aus der Haft von Klaus Wienhold und Christian Neuling beruhigend ist. Dass der erste Haftbefehl gegen diejenigen, denen ein durchaus maßgeblicher Anteil an der Krise der Bankgesellschaft angelastet wird, solch kurze juristische Dauer hat, ist ein juristisches Fiasko. Die Glaubwürdigkeit der gesamten Ermittlungen zur Krise der Bankgesellschaft ist seit Mitte der Woche in Frage stellt.

Bereits in einem Verfahren, das nur einen kleinen Teilbereich der Ermittlungen betrifft, besteht nach Einschätzung eines Richters kein dringender Tatverdacht. Was wird dann mit den anderen, teilweise noch gravierenderen Vorwürfen, die gegen Wienhold und Neuling erhoben werden? Und wie steht es um die ungleich komplexeren Ermittlungen zur Verstrickung von Managern der Bank in die Risikogeschäfte des Geldhauses?

Ermittlungen im Bereich der Wirtschaftskriminalität sind noch immer ein juristisches Problemgebiet. Vielfältige Interessen treffen aufeinander, die Grenze zwischen Betrug und hoch ausgeprägtem Geschäftssinn sind oftmals schwer zu ziehen. Das Augenmerk der Sicherheitsbehörden hat sich erst in den vergangenen Jahren verstärkt auf diese Problematik gerichtet. Entsprechend gering ist der Erfahrungsschatz. Das erschwert sicher die Ermittlungen im Fall Aubis. Ob zudem der zuständige Richter in diesen einen Fall nun ausreichend eingearbeitet war, lässt sich nur schwer beurteilen. Hat die Staatsanwaltschaft die Beantragung des Haftbefehls gegen die beiden Aubis-Manager mit der Sorgfalt begleitet, die angesichts der Umstände des Gesamtermittlungsverfahrens zu Aubis notwendig gewesen wäre? Wäre die persönliche Anwesenheit des ermittelnden Oberstaatsanwalts bei der Vorführung der Beschuldigten nicht hilfreich gewesen? Diese Fragen sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend zu beantworten. Doch zentral ist das alles nicht. Im Mittelpunkt steht nun - da die Staatsanwaltschaft einen Mosaikstein des Ermittlungskomplexes in kleinen Scherben vor sich liegen sieht - die Frage, ob die Ermittlungen insgesamt überhaupt mit dem nötigen Nachdruck betrieben werden.

Die Krise der Bankgesellschaft hat die ohnehin bankrotte Hauptstadt bereits 4 Milliarden Mark gekostet, weitere 3,5 Milliarden Euro drohen der Landeskasse in den nächsten Jahren durch die Risiken, die die Bankgesellschaft aufgehäuft hat. Wenn es denn bei diesen Risiken bleibt. Aus der Krise einer Landesbank ist im vergangenen Frühjahr die Krise einer Stadt erwachsen - über die die Große Koalition gestürzt ist. Eine mit höchster Priorität geführte Aufklärung ist deshalb jetzt das Mindeste, was die Stadt verlangen kann. Es gibt das berechtigte Interesse, zu erfahren, wer die Verantwortung trägt und wo fahrlässig, vielleicht sogar kriminell gehandelt wurde. Bislang, so scheint es, wird dieses Verlangen nicht ausreichend erfüllt.

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