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Sebastian Bickerich (neu)

© Mike Wolff

Auf den Punkt: Appeasement-Obama

Sebastian Bickerich über die zunehmende Nervosität einiger Amerika-Freunde

Ist Barack Obama naiv? 22 ehemalige Staatmänner aus Osteuropa, darunter Freiheitshelden wie Lech Walesa und Vaclav Havel, gehen davon aus. Sie werfen dem US-Präsidenten in einem offenen Brief vor, sich von Russland einlullen zu lassen und hinter ihren Rücken über Einflusssphären, Waffensysteme und einseitige Abrüstung zu reden. Aus dem Appell spricht die blanke Angst, ausgerechnet im Gedenkjahr 70 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wieder zwischen die Mühlen der Weltpolitik zu geraten - und vom Westen im Stich gegen Russland gelassen zu werden. Russland, so die Angst in Osteuropa, wolle Georgien und die Ukraine kolonisieren und, so sieht es die neue Sicherheitsdoktrin Moskaus vor, Staatsbürger im Ausland "schützen" - im Baltikum und auf der Krim schrillen die Alarmglocken.

Der Adressat der Briefes ist neu, der Vorwurf nicht. Bisher waren die Eliten im Osten vor allem auf Deutschland sauer, weil es Osteuropa nach dem Beitritt Polens, Tschechiens, Ungarns und der baltischen Staaten aus ihrer Sicht zu wenig Aufmerksamkeit widmete. Wirtschaftsprojekte mit Russland wie die Ostseepipeline schienen Berlin wichtiger zu sein als der teure Wunsch von Ukrainern oder Georgiern, in europäische Strukturen aufgenommen zu werden. Auch wenn es um Kritik an russischen Drohgebärden wie dem Stopp von Energielieferungen ging oder an der zweifelhaften Aufklärungsarbeit bei politischen Morden, so konnten sich Spitzenpolitiker in Warschau oder Prag bisher wenigstens auf Washington verlassen. US-Politiker fanden oft klarere Worte als etwa ehemalige SPD-Kanzler in Berlin.

Die Ängste aus dem Osten mögen schrill klingen, doch sie haben einen wahren Kern. Russlands Präsident Dmitri Medwedew hat bisher zu wenig getan, um den Vorwurf der Autoren des Briefes zu zerstreuen, sein Land sei "eine revisionistische Macht , die ihre Agenda aus dem 19. Jahrhundert mit Taktiken und Methoden des 21. Jahrhunderts verfolgt“. Solange er das nicht tut, muss auch Barack Obama an einer klaren Kante gegen Moskau festhalten. Alles andere wäre naiv.

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