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Auf den Punkt: Die Chance der Schuld

Armin Lehmann über die Kritiker von Dieter Althaus

Das Urteil über den Thüringer CDU-Politiker und Ministerpräsidenten Dieter Althaus ist dieser Tage oft sehr schnell gefällt worden: Einer, der verantwortlich ist für den Tod einer Mutter, der fahrlässig handelte und jetzt offiziell als vorbestraft gilt, darf kein öffentliches Amt mehr ausüben. Anders gesagt: Einem, der so versagt hat, traut man nicht mehr! Wer so argumentiert, könnte ebenso gut und radikal für die Todesstrafe für Vergewaltiger plädieren. Eine solche Betrachtung lässt keine Spielräume für einen Neuanfang, eine neue Chance, auf die auch der schuldige Althaus einen Anspruch hat.

Es gibt da auch noch die Verschwörungstheoretiker, die gerne behaupten, der arme, kranke Mann sei fremdgesteuert und müsse nun einer mächtigen Clique folgen, die CDU heißt und ihn unbedingt zur Machterhaltung in Thüringen braucht und nötigt. Erstaunlich ist, dass bisher niemand die Chance sehen will, die in einem Comeback von Althaus steckt. Ein Mensch, der eine solche Grenzerfahrung mit dem Tod gemacht hat und der nun bis zum Lebensende Schuld spüren wird, der kann auch, ganz pathetisch gesprochen, ein besserer Mensch werden, ja ein besserer Politiker. Warum sollten ihn alle moralischen Fragen, auch seine eigenen Gewissensfragen, nicht sensibler, umsichtiger, ja ausgeglichener machen?

Althaus wird, wenn er nicht aus Stein ist, was er nicht ist, offener sein für die Seiten der Politik, die im Alltag der Macht verschüttet werden: die menschlichen Seiten. Einem politischen Amt täte ein solcher Politiker gut.

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