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Moritz Döbler

© Kai-Uwe Heinrich

Auf den Punkt: Die große Gier

Moritz Döbler über den fälligen Rücktritt von Klaus Zumwinkel

Zurückgetreten ist er jetzt doch. Die Bundesregierung als größter Aktionär der Post wollte es so, und alles andere wäre auch verrückt gewesen. Die viel zitierte Unschuldsvermutung zählte für Klaus Zumwinkel schon am Tag 2 der Affäre gar nichts mehr. Das ist gut und richtig - aber es ist nur der Anfang, wenn man den Erklärungen der Staatsanwaltschaft und des Bundesfinanzministeriums glauben kann. Mehr als 100 Verfahren mit ähnlichem Hintergrund sind demnach allein in Nordrhein-Westfalen anhängig, tausende Verdächtige sind ins Visier der Ermittler geraten, Bekannte und Unbekannte - „jedenfalls eher Menschen, die sich im höheren Einkommensbereich bewegen“, wie ein Ministeriumssprecher zu Protokoll gibt.

Halali. Anscheinend muss sich eine ganze Klasse sorgen, bald auf der Anklagebank Platz nehmen zu müssen. Im Wortsinne mag das - jedenfalls vorerst - eine Übertreibung sein, im übertragenden Sinne aber nicht. In den Debatten der vergangenen Monate zeichnet sich die Abneigung, der Hass gegen die, die viel haben, schon ab.

Der Name Zumwinkel kann nun zum Chiffre werden für eine Gier, die es auszumerzen gilt. Dagegen waren die Empörung über Ackermann und sein Victory-Zeichen womöglich nur Peanuts. Ihm wurde ja vor allem fehlende Sensibilität vorgeworfen - und inzwischen darf der Chef der Deutschen Bank sogar als rehabilitiert gelten. 

Der Zumwinkel-Faktor wird wohl politische Karriere machen. Gut möglich, dass die anstehende Hamburg-Wahl letztlich mit diesem Thema entschieden wird - das Volk gegen die Pfeffersäcke. Auch in den Tarifkonflikten dürfte das Unrechtsgefühl derer, deren Gehälter seit Jahren unterm Strich schrumpfen, mehr Gehör finden. Die Manager werden sich verkannt vorkommen, sich zurückziehen, die Kluft vergrößern.

Es steht also viel auf dem Spiel. Natürlich müssen diese Steuerverfahren aufgeklärt werden, natürlich müssen die Wirtschaftsführer insgesamt mehr Verantwortung, mehr Augenmaß zeigen. Aber trotzdem muss die gesellschaftliche Wertschätzung für Leistung, auch für materielle Erfolge erhalten bleiben.

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